Seefeld:Mit einem Knopf

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TQ Systems hat mit Millionenaufwand den Energy Master entwickelt. Das System ermöglicht es, den Energieverbrauch in einem Gebäude genau zu erfassen - und sogar einzelnen Geräten zuzuordnen. Bei der Bauunternehmung Dosch ist alles erstmals in der Praxis zu sehen

Von Otto Fritscher, Seefeld

"Früher bin ich nach Arbeitsschluss immer durch das ganze Gebäude gelaufen und hab' geschaut, ob in allen Zimmern wirklich das Licht aus ist", sagt Roswitha Dosch. Jetzt kann das die Chefin der gleichnamigen Bauunternehmung in Hechendorf mit einem einzigen Knopfdruck erledigen - und die Lichter gehen aus. Möglich macht dies eine intelligente Technik in der neuen Firmenzentrale, die im vergangenen Frühjahr bezogen wurde, und die mit modernster Raumautomatisierung und Gebäudeleittechnik, so die Fachbegriffe, ausgestattet ist. Um so prägnanter ist dafür der Name der Einrichtung: Der "Energy Master", der von den Technikern "B-Control" genannt wird, soll dafür sorgen, dass in einem Gebäude keine Energie mehr verschwendet wird.

"Wir sind sehr zufrieden", sagt Roswitha Dosch. Bis zu 30 Prozent Energiekosten will sie mit dem Energy Master einsparen, der nicht nur das Licht, sondern auch die Heizung und Beschattung - also die Jalousien - regeln kann. Automatisch und nicht an feste Tageszeiten gebunden, da er mit einer Wetterstation draußen verbunden ist. Da weiß die Steuerungselektronik, ob die Sonne scheint, wie warm es draußen ist - und kann das Raumklima individuell Tag für Tag anpassen. "Die Mitarbeiter sind sehr zufrieden", lobt Roswitha Dosch das System, das bislang nur ein einziges Mal verbaut worden ist - eben in der Firmenzentrale in Hechendorf.

Es ist ein unscheinbares schwarzes Kästchen, mit ein paar Anschlussbuchsen auf den Seiten, das Jörg Jungbauer da aus seinem Aktenkoffer holt. Das soll der Clou sein, mit dem man die Gebäudetechnik steuern und optimieren und CO₂ einsparen kann? Jungbauer lacht, und fängt an, mit allerlei Fachbegriffen um sich zu werfen. Er ist Manager bei der Firma TQ Systems auf Gut Delling, und dort ist auch die Idee zu dem kleinen schwarzen Kästchen entstanden, dem man nicht ansieht, dass bis zu sechs Millionen Euro in dessen Entwicklung geflossen sind. Ein Haufen Geld, auch für eine florierende Firma wie TQ Systems, die als Elektronik-Dienstleister und -Entwickler, aber auch als Produzent elektronischer Geräte und Systeme zu den festen Größen im Wirtschaftsleben des Landkreises zählt.

Ja, ein E-Bike, das schnellste Elektro-Fahrrad der Welt, hat man hier in Delling entwickelt. Aber als Produzent von Systemen zur Energieeinsparung in Gebäuden ist TQ bisher noch nicht in Erscheinung getreten. "Die erste Installation so nah an der Firmenzentrale kam so", sagt Jungbauer. Der TQ-Chef, Detlev Schneider, kennt den anderen Chef, Alfons Dosch, und die beiden sind ins Reden gekommen. Über den Umzug der Baufirma, wie man dabei Energie sparen könnte, und so weiter." Am System "Building control" hatte man bei TQ Systems schon Jahre lang gearbeitet, und Schneider suchte die Möglichkeit der ersten Installation. Diese wurde dann auch umgesetzt, in der neuen Firmenzentrale in Hechendorf - und das Bauunternehmen Dosch hat nun "die modernste Raumautomatisierung der Welt bekommen", wie Jungbauer sichtlich stolz sagt. Zu besonderen Anlässen wird dann vielleicht eine Besichtigung bei den Doschs in Hechendorf angeboten.

Wie funktionieren die schwarzen Kästen nun? Sie sind mit einer Software bestückt, die sich - vereinfacht gesagt - mit allen in der Gebäudeleittechnik bekannten, alten Systemen versteht. Der Energy Manager wird in den Sicherungskasten eingebaut, zeichnet den Stromverbrauch, die Stromspitzen und andere Werte auf. So kann der Verbrauch stunden- , oder wenn gewünscht, sogar minutengenau nachvollzogen werden. Durch die Verästelung bis auf die Ebene einer einzelnen Sicherung hinunter, also durch den Einbau mehrerer Geräte, lässt sich sogar der Verbrauch einzelner Geräte wie PCs und Wärmepumpen nachvollziehen. Und alles wird über die "Building Control" so gesteuert, dass nicht sinnlos Energie verpulvert, Strom verbraucht wird. Und das oft sogar komfortabel über einen einzigen Schalter, wenn es technisch möglich ist.

Der Energy Master und B-Control, das muss man wissen, sind für Zweckbauten konzipiert. Also für Industrie- und Gewerbebauten, aber auch für Krankenhäuser und Hotels etwa. Er kann auch mit den Energiesparkappen für Thermostate verbunden werden, und das ist das Besondere, ohne dass er einen Stromanschluss braucht. So lassen sich alte Gebäude auf einen modernen Stand bringen. Allerdings ist das Kästchen trotz seiner kompakten Abmessungen immer noch zu groß für die Sicherungskästen, wie sie den meisten Wohnungen vorzufinden sind. Darin ist in der Regel Sicherung neben Sicherung. Doch auch in diesen Markt will TQ Systems vordringen. Im nächsten Jahr soll ein System vorgestellt werden, ähnlich des Energy Master, das für Ein- und Zweifamilienhäuser ausgelegt ist.

Derweil zeigt Roswitha Dosch noch eine kleine, nicht unbedingt notwendige, aber dennoch praktische Errungenschaft: Mit einem Knopfdruck auf einen tragbaren Schalter kann sie auch das Licht im Foyer verändern. Das Besondere: Der Schalter hat keine Batterie eingebaut. Er arbeitet mit einer Piezoelektronik. Durch den Druck auf den Knopf wird gerade so viel Energie erzeugt, wie gebraucht wird, um die Steuerung anzufunken. "Ganz schön clever", sagt Roswitha Dosch und lacht. TQ Systems glaubt an den Markterfolg der Technologie. Die Firma hat dafür eine eigene Business Unit, den Geschäftsbereich "Automation", gegründet.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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