Seefeld:Hoffen und Bangen

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Geschönte Bilanzen, ein entlassener Geschäftsführer, finanzielles Desaster - die Chirurgische Klinik Seefeld braucht einen Kredit und kann alleine nicht überleben. Ein starker Partner muss her

Von Christine Setzwein, Seefeld

Dass ein Geschäftsführer fristlos entlassen wird, kommt eher selten vor im Fünfseenland. Doch am 9. Oktober teilt der Seefelder Bürgermeister und Vorsitzende des Zweckverbands Krankenhaus in einer Presseerklärung kurz und bündig mit: "Die Chirurgische Klinik Seefeld hat sich von ihrem Verwaltungsleiter . . . getrennt. Es gab nicht mehr zu überwindende Differenzen, die eine Trennung notwendig machten." Diese "Differenzen" sind der Auslöser dafür, dass das Krankenhaus nach 140 Jahren seine Eigenständigkeit aufgeben muss.

Nach diesem 9. Oktober bestimmt die kommunale Klinik die Schlagzeilen. Die Bürgermeister der Zweckverbandsgemeinden Andechs, Gilching, Herrsching, Inning, Seefeld, Weßling und Wörthsee sowie Landrat Karl Roth und zwei Kreisräte treffen sich quasi jede Woche, die Krisensitzungen überstürzen sich. Was war passiert?

Der Geschäftsführer, der 2008 seinen Dienst in Seefeld antrat, hat wohl seit 2012 die Bilanzen der Klinik geschönt. Nicht, um sich selbst zu bereichern, sondern damit das Haus gut dasteht. Er reizt die Kassenkredite aus, macht hier ein Loch auf, stopft dort ein anderes. Er macht das so geschickt, dass den örtlichen Kassenprüfern überhaupt nichts auffällt, und die überörtlichen auch erst einmal suchen müssen.

Die Hiobsbotschaft kommt am 27. Oktober. Laut dem vorläufigen Bericht des Kommunalen Prüfungsverbands ist in den Jahren 2012 bis 2014 ein Defizit in Höhe von 2,85 Millionen Euro aufgelaufen, 2015 sollen es noch einmal 1,9 Millionen sein. Der Zweckverband muss einen Nachtragshaushalt beschließen und einen Kredit in Höhe von zwei Millionen Euro aufnehmen. Eine Umlage für die Zweckverbandsmitglieder wird 2015 nicht erhoben.

Während sich Landrat Roth und die Gemeinde Gilching sehr schnell positionieren und sich für eine Fusion mit dem Kreiskrankenhaus Starnberg aussprechen, wollen andere Bürgermeister unbedingt an der Eigenständigkeit des 72-Betten-Hauses festhalten. Nie in Frage gestellt wird in diesen Wochen dagegen der Erhalt der beliebten Klinik im Westen des Landkreises. Es ist eine Zeit des Hoffens und Bangens.

Am 13. November stellt Zweckverbandsvorsitzender Wolfram Gum zwei Interims-Geschäftsführer vor, die den Betrieb der Seefelder Klinik, deren Finanzen und die Einsparmöglichkeiten auf Herz und Nieren prüfen sollen. Gut drei Wochen später präsentiert Peter Lenz das Ergebnis: Das Seefelder Krankenhaus ist zu klein, um wirtschaftlich arbeiten zu können und braucht einen Partner zum Überleben. Lenz bekommt den Auftrag, sofort mit dem Klinikum Starnberg, aber auch mit der Schindlbeck-Klinik Herrsching, mit der Seefeld seit Jahrzehnten kooperiert, Gespräche über eine Zusammenarbeit zu führen. Für Chefärztin Regine Hahn ist diese Entwicklung eher unerfreulich. Ein kleines Krankenhaus zu führen, war ihr Traum. Seit sie in Seefeld ist - seit Anfang 2014 - steigen die Fallzahlen. Sie hofft auf eine faire Lösung. Kurz vor Weihnachten kommt dann die Mitteilung: Das Klinikum Starnberg ist bereit, die Mehrheitsanteile an Seefeld zu übernehmen.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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