Oberalting im Nordosten Seefelds ist nicht gerade ein Ort, den man mit Konzertaktivitäten in Verbindung bringt. Obgleich die barockisierte gotische Kirche St. Peter und Paul einen reizvollen Rahmen für Konzerte intimer Ausmaße bietet. Um so größer die Überraschung, hier einen Chor vorzufinden, der von der musikalischen Qualität weit über den keinesfalls niedrigen Standard im Landkreis hinausgeht. Das Vokalensemble Crescendo wurde "von einem sangesbegeisterten Freundeskreis" (Programmheft) vor acht Jahren in Eichstätt gegründet und hat sich schnell zu einem überregionalen 28-köpfigen Kammerchor unter der Leitung von Volker Hagemann entwickelt. Ein großer Vorteil des Ensembles ist das niedrige Durchschnittsalter der Mitglieder, das wohl um die 30 liegt. Zu hören sind junge, kraftvolle, stimmbildnerisch gut konditionierte Stimmen und außerdem ein tiefgreifendes Verständnis für musikalische Aspekte.
Jede Stimmlage singt intonationsmäßig mit einer einzigen Stimme und formt absolut präzis, sodass jedes Wort deutlich zu verstehen war. Hierin profitierte das Vokalensemble vom geringen Nachhall der Oberaltinger Kirche. Es brauchte ihn auch nicht, behielt Hagemann am Pult doch lieber alles selbst in der Hand. Die Choristen sind in der Lage, nicht nur das nötige Klangvolumen aufzubauen, sondern auch jede Phrase sorgfältig auszusingen sowie der interpretatorischen Formung aus dem Text heraus bis ins Detail zu unterstellen.
Das breite Programm unter dem Titel "Singet"- wohl Bachs Kantatentitel "Singet dem Herrn" entnommen - zeugte vor allem davon, dass die Sänger nicht nur für den Chorgesang brennen, sondern darin auch eine Herausforderung sehen, mit jeder noch so komplexen Materie fertig zu werden. Mit welchem Elan sie schon die Titelkantate in Angriff nahmen, versprach vom ersten Ton an einen fesselnden Vortrag. Die dicht verwobenen Stimmverläufe blieben klar und transparent. Auch in der freitonalen Chromatik bei Alfred Schnittke, dessen "Drei geistliche Gesänge" selbst in Russisch die Textverständnisprüfung bestanden. Großartig, wie es gelang, die Gesangstradition der orthodoxen Ostkirche mit dem Klangbild des 20. Jahrhunderts in Einklang zu bringen. Erstaunlich indes, mit welcher Sicherheit das Ensemble durch die Cluster bildenden Bewegungen im Chorsatz kam, ohne auch nur im Geringsten diffus zu werden. Dies galt auch in der litauischen Komposition von Vytautas Miškinis, die im "Cantate Domino" einen popigen Refrain mit chromatisch reichen Soundscapes kombinierte. Trotz der geradezu übertriebenen Exaktheit entstand kein Eindruck von Sterilität.
Chorsätze von Pachelbel und Bach standen dem in bewegter Intensität nicht nach, obgleich die Differenzierung hier feinsinniger ausfiel als etwa in "Cantate Domino" von Monteverdi, das sich zur Hymne emporschaukelte. Während bei Pachelbel der effektvolle Kontrast zwischen Legato und Staccato des "Der Herr ist König" fesselte, entwickelte Bachs "Komm, Jesu, komm" eine eigene Diktion, die bisweilen fast zu grooven begann. Eine faszinierende Zugabe des Litauers Vaclovas Augutinas machte den Auftritt perfekt.