Seefeld:Die Fluch-Treppe

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Eine einfache Feuertreppe am Clubheim der Wasserfreunde München beschert eine Menge Verdruss. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wasserfreunde München hadern mit dem Kreisbauamt wegen des Brandschutzes im Clubheim am Wörthsee

Von Christine Setzwein, Seefeld

Hagen Straßl versteht die Welt nicht mehr. Der amtierende Vorsitzende des "Schwimmclubs Wasserfreunde München von 1912" ist 76 Jahre alt und hat schon viel erlebt. Aber was ihm und seinem Verein jetzt widerfährt, hält ihn in der Seefelder Gemeinderatssitzung am Dienstag nicht auf seinem Besucherstuhl: Er muss aufspringen und seinem Ärger Luft machen. Bei den Gemeinderäten stößt er damit auf vollstes Verständnis. Von "Wahnsinn" ist die Rede und vom wiehernden Amtsschimmel. Und dass man sich vom Starnberger Landratsamt nicht länger an der Nase herumführen lassen werde. Aber der Reihe nach.

Seit fast 100 Jahren hat der SC Wasserfreunde München am Wörthsee einen Badeplatz in Hechendorf. Dir früheren Vorstände waren so klug und hatten dem Grafen Toerring ein 4300 Quadratmeter großes Areal am Seeufer abgekauft. Ende der 1920er Jahre bauten sie ein Clubheim. Fortan erholten sich die Münchner Schwimmer am Wörthsee, trainierten dort und trugen sportliche Wettkämpfe wie das jährliche Überseeschwimmen aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg aber war erst einmal Schluss mit unbeschwertem Wassersport. Auch Hechendorf musste Flüchtlinge unterbringen, und eine der Notunterkünfte war das Clubheim der Münchner Schwimmer. Zwei Familien wurden zugeteilt, aber nur eine blieb: Ein kriegsversehrter Vater, Mutter und zwei Kinder. "Sie blieben vier Jahre", erinnert sich Straßl. Aber das Clubheim war natürlich nicht winterfest. Es musste gemauert und isoliert werden, der kleine Küchenanbau wurde verlängert. Und diese Vergrößerung beschert dem Club heute eine Menge Verdruss. Laut Kreisbauamt handelt es sich dabei um einen Schwarzbau.

Das hätte wohl niemand bemerkt, hätte die Behörde bei einer ersten Begehung nicht festgestellt, dass der Brandschutz mangelhaft sei. So fehle eine Fluchttreppe für das Obergeschoss, in dem sich ein Schlafraum mit 26 Plätzen befindet. Gesagt, getan: Eine Feuertreppe wurde bestellt und aufgebaut. Dass diese nicht der DIN-Norm entsprach und wieder abgebaut werden musste, ist eine andere Geschichte. Jetzt steht zwar die richtige - ist aber auch ein Schwarzbau. Denn die Treppe kann nicht genehmigt werden, weil ja sonst der Schwarzbau nachträglich sanktioniert würde. Und überhaupt: Im Flächennutzungsplan der Gemeinde Seefeld ist das Grundstück des Clubs als Grünfläche eingetragen, es fehlt der Zusatz "Badeplatz", moniert das Landratsamt.

Die Folge: Die Gemeinde Seefeld muss nun wegen einer Fluchttreppe ihren Flächennutzungsplan ändern, was relativ einfach zu bewerkstelligen ist, wie Christoph Drewes vom Bauamt in der Gemeinderatssitzung erläuterte. Was dagegen arbeits-, zeit- und vielleicht auch kostenintensiv sei, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans, den das Landratsamt fordert. Es könnte sogar sein, dass sich auch der Starnberger Kreistag mit der Sache befassen muss, denn das Grundstück des Clubs befindet sich im Landschaftsschutzgebiet. Die Kosten des Verfahrens muss der 1800 Mitglieder zählende Schwimmverein übernehmen. "Hauptsache, wir haben wieder Ruhe", sagt Straßl und hofft, dass sich im März ein neuer Vereinsvorsitzender findet.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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