Seefeld:Der Ausputzer

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Günter Matzner und seine Ehefrau Mandy vor dem neuen "Firmenfahrzeug". Der gelernte Koch will alte Menschen in den eigenen vier Wänden unterstützen. (Foto: arlet ulfers)

Ohne Wagniskapital, aber dafür mit Fleiß und Akribie hat Günter Matzner ein Startup gegründet. Der ehemalige Altenheimkoch will älteren Menschen haushaltsnahe Dienstleistungen anbieten. Dabei setzt er auf seine Erfahrung

Von Otto Fritscher, Seefeld

Dem Zufall hat Günter Matzner wirklich nichts überlassen, als er sich auf den Weg in die Selbständigkeit gemacht hat. Der Seefelder hat mehr als ein Dutzend Schulungen über die richtige Existenzgründung bei der Industrie- und Handelskammer absolviert, sich danach von IHK-Gründerberater Emil Hofmann monatelang intensiv coachen lassen; Matzner hat sich bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (gfw) in Starnberg Rat geholt, den Führerschein für Fahrgastbeförderung gemacht und noch so manche Zusatzqualifikation mehr erworben.

Bis es dann vor gut einem Jahr so weit war, dass er mit seinem Unternehmen an die Öffentlichkeit ging: "Matzner Lebensqualität daheim", heißt es, und die Idee ist aus der Berufserfahrung von Matzner und dessen Ehefrau Mandy heraus entstanden. "Viele Senioren wollen solange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen, aber sie bekommen oft nicht mehr alles allein geregelt", sagt Matzner. Die ambulanten Pflegedienste sind indes froh, wenn sie genügend Personal für die häusliche Pflege haben. Für Handreichungen wie einkaufen, Wäsche waschen, putzen, Essen kochen, bleibt da kaum noch Zeit, wie Mandy Matzner aus eigener Anschauung weiß, schließlich ist sie Krankenschwester, Altenpflegerin und stellvertretende Pflegedienstleiterin bei der Nachbarschaftshilfe Hechendorf. Und genau das ist die Marktlücke, in die Matzner mit seinem Start-up hinein will: Haushaltsnahe Dienstleistungen könnte man sein Angebot nennen, oder, wie er selbst sagt: "Wir machen alles außer Pflege." Inzwischen hat Matzner eine Vollzeit-Angestellte und zwei 450-Euro-Kräfte, Frauen, die noch einen anderen Job etwa in der Lebensmittelbranche haben.

Matzner nimmt es bei der Auswahl seiner Mitarbeiterinnen sehr genau: "Wer den Begriff Dienstleistung nicht als Dienst am Menschen versteht, der passt nicht zu meiner Philosophie", sagt er. Und Matzner kennt die Besonderheit, um nicht zu sagen, die Macken alter Menschen von seinem Berufsleben in Alten- und Pflegeheimen her. "Darauf muss man soweit wie möglich Rücksicht nehmen", sagt er. Das geht dann soweit, dass etwa ein Reinigungsplan ausgearbeitet wird. "Ich habe eine Kundin, die möchte, dass jedes Zimmer mit einem bestimmten Lappen gereinigt wird, andere wollen wiederum nur ganz bestimmte Putzmittel", sagt Matzner. Das werde schriftlich festgehalten und dann der jeweiligen Reinigungskraft mit auf den Weg gegeben. Matzner hat sich die Zusammenarbeit mit anderen Selbständigen gesichert: einen Fotografen, der nach Hause kommt und eventuell nötige Ausweisfotos macht, einen mobilen Friseur, eine Wäscherei, die auch Unterwäsche annimmt, einen Optiker, der sich ein mobiles Sehtestgerät angeschafft hat. Drei Dutzend Kunden hat Matzner bis jetzt, und es sollen rasch mehr werden, wenn es nach seinen Vorstellungen geht. Die entsprechenden Mitarbeiter gebe es, sagt er.

Warum baut Matzner ein Unternehmen auf, in einem Alter, in dem anderen schon an die vorgezogene Rente denken? "Die Idee hat sich langsam entwickelt, aber es war klar, dass für solche Dienstleistungen wie im Haushalt helfen, Gartenarbeiten erledigen, für ältere Menschen etwa organisieren , Hol- und Bringdienste sowie Behördengänge erledigen, gerade im Landkreis Starnberg Bedarf besteht", erklärt der Jung-Unternehmer. Dabei hatte der 50-Jährige durchaus einen auskömmlichen Job, als Küchenleiter in diversen Alten- und Pflegeheimen der Region. Nur sollte er mit einem immer schmaleren Budget schmackhaftere und gesündere Mahlzeiten kochen - für ihn ein Ding der Unmöglichkeit, das auch seine Vorstellungen von Arbeit an und mit alten Menschen zuwiderlief.

Wie ein richtiges Büro sieht die "Unternehmenszentrale" von "Lebensqualität daheim" indes nicht wirklich aus. Es ist ja auch das Wohnzimmer der Matzners, und die meisten Besprechungen finden am großen Küchentisch statt. "Ja, natürlich arbeite ich Selbständiger jetzt mehr als vorher", sagt Matzner. Und ohne die Mithilfe seiner Frau sei dies alles gar nicht möglich, zumal die beiden ja auch noch einen dreijährigen Sohn haben, der in den Kindergarten geht. Aber auch Mandy Matzner kennt unbequeme Arbeitszeiten, sie hat als Krankenschwester im Drei-Schicht-Betrieb in einer Klinik gearbeitet.

Nun hat er große Pläne mit seinem Start-up, die Klientel, die sich seine Dienstleistungen bei einem Stundenlohn von knapp 30 Euro leisten könne, sei im Landkreis vorhanden, ist Matzner überzeugt. 30 bis 50 Mitarbeiter will er zwei bis drei Jahren haben, und 300 bis 400 Kunden. Er weiß: Von zehn neuen Unternehmen gibt es nach drei Jahren nur noch zwei am Markt. Zu denen will ich gehören."

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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