Gottvater, der seinen rechten Zeigefinger ausstreckt, um den Lebensfunken auf Adams ebenfalls ausgestreckten Zeigefinger überspringen zu lassen. "Die Erschaffung Adams" ist eines der bekanntesten ikonografischen Bilder von Michelangelo. Für ihre Frühjahrsausstellung in ihrem Schlagenhofener Künstlerhaus ließ sich die Künstlerin und Religionskritikerin Gisela Forster von dem Deckenfresko aus der Sixtinischen Kapelle inspirieren. Für die Berger Kämpferin für Gleichberechtigung der Frau in der Kirche ist Michelangelos Vorlage keineswegs plausibel. Warum eigentlich Gottvater?
In Analogie zum berühmten Vorbild heißt ihre Ausstellung folglich: "Gleichberechtigung fängt im Himmel an oder als Gottmutter Eva erschuf". Aber wie sieht eine "Gottmutter" eigentlich aus? Schlaflose Nächte und viele verworfene Entwürfe haben Forster schlussendlich die Erkenntnis gebracht, dass es keinen bildnerischen Gegenpol gibt zu dem mächtigen, weisen, gütigen und grauhaarigen Mann, wie er hunderte Male in der Kunstgeschichte dargestellt wird. "Überlegt man, wie eine Gottmutter aussehen könnte, so kommt man auf Bilder einer gesetzten älteren Frau, entsprechend dem als alten Mann dargestellten Gottvater", sinnierte Forster. "Vielleicht eine Art Christine LaGarde gemischt mit einer Ursula von der Leyen, oder einer Sabine Leutheusser-Schnarrenberg oder einer Christiane Hörbiger?"
Aus der Not hat die findige Künstlerin eine Tugend gemacht. Vor dem blau-grün leuchtenden Wörthsee hat sie eine Art Theaterkulisse aufgebaut. Links sieht man auf Holzbretter gemalt "das Ambiente des Erfolgs": eine Art Kuppelgebäude mit weißen Säulen. Sie könnten für Zentren der Macht wie den Vatikan, den Reichstag oder das Weiße Haus stehen. Die Säulen sind instabil, sie knicken ein, fallen um und manche versinken in einem "Erdloch", das Forster vor der Kulisse aufgebaut hat.
Für Forster ist das ein Symbol für den "Zustand einer Herrschaft, die nicht bereit ist, eine ausgeglichene Führungsmodalität zuzulassen". Hier fehlten die Frauen als "göttliches Idol", als ganz oben angesiedeltes Orientierungsbild. Dieses Problem hat Forster in ihrer zwölf Meter breiten und drei Meter hohen Bildadaption aufgegriffen, die im Zentrum der Kulisse steht. Auf dem Panoramabild streckt eine nackte blondgelockten Eva der Gottmutter ihren Zeigefinger entgegen.
Einer Gottmutter, der die Besucher je nach Gusto unterschiedliche Gesichter geben können. Dafür hat Forster verschiedene Holzschablonen bemalt, die vor das Bild gehängt und wieder abgenommen werden können. Auch wenn der künstlerische Ansatz theoretischen Tiefgang aufweist - in der Praxis ist das Ganze ein Riesenspaß. Zwölf Gottmütter stehen zum Austausch bereit. Zum Beispiel der grauhaarige Omatyp oder die Blonde mit den großen blauen Kulleraugen, eine nixenhaft grün gefärbte Gottesmutter oder eine vergeistigte Weißgesichtige mit geschlossenen Augen. Zu ihren Bildern haben befreundete Künstler weitere Motive beigesteuert.
Einen Gottvater gibt es übrigens auch, "den habe ich in drei Minuten gemalt", versicherte Forster. Wie er aussieht? Natürlich kräftig, mit grauem Wallehaar und einem weisen Gesicht. Für die Besucher, die bei schlechtem Wetter aus dem Haus auf die Kunstinstallation blicken oder die bei gutem Wetter auf der von Forster gezimmerten Gartenbank vor dem Gemälde sitzen können, sind die ständigen Wechsel der verschiedenen Gesichter eine Gelegenheit sich mit ihren eigenen Vorstellungen einer Gottmutter auseinander zu setzen. "Welche Art von Gottmutter wären wir bereit zu akzeptieren, ihr zu folgen?", fragt Forster, die sich schon auf die lebhafte Diskussion mit den Besuchern freut.
Die Ausstellung ist noch am Sonntag und Montag, 9. und 17. April, jeweils von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Das Kunsthaus am Wörthsee liegt in Schlagenhofen und hat die Adresse Grünbichl 23. Für die Besucher gibt es übrigens Gutscheine, mit denen sie sich eines der vielen im Haus ausgestellten "Seelenbilder" aussuchen dürfen.