Sakrale Schätze:Reizvolle Lichteffekte

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Wegen der großen Fenster an beiden Seiten ist es ungewöhnlich hell in der Rokoko-Kirche St. Martin auf einem Bergkegel bei Unering. Der Entwurf stammt von dem Architekten Johann Michael Fischer. Auch an der Ausstattung waren namhafte Künstler beteiligt

Von Katja Sebald

Die großartigen Kirchenbauten des Fünfseenlands sind weithin bekannt, es gibt aber auch uralte, versteckte und weitgehend unbeachtete Kirchen, die spannende Geschichten erzählen können. Heute: St. Martin in Unering - die Eleganteste.

Das Dorf Unering, malerisch auf dem Höhenrücken zwischen den Seen des Fünfseenlands gelegen, verdankt seine bezaubernde Rokoko-Kirche wohl den Grafen Törring auf Schloss Seefeld. Dort ließ man um 1730 einen neuen Wirtschaftshof mit Bräuhaus und Ökonomiegebäuden errichten. Auch für den hübschen Torbau, der in diesen Hof führt, zeichnete kein geringerer als Johann Michael Fischer die Pläne. Sozusagen nebenbei hat der Architekt noch eine neue Kirche für Unering entworfen, die einen baufällig gewordenen Vorgängerbau ersetzen sollte.

Fischer, 1692 im oberpfälzischen Burglengenfeld geboren, ist einer der bedeutendsten Vertreter der barocken Kirchenarchitektur. Seine in den Jahren 1727 bis 1733 errichtete Klosterkirche St. Anna im Lehel gilt als Wendepunkt zwischen Spätbarock und Rokoko. Etwa zeitgleich wirkte er in Seefeld, und unmittelbar danach wurde nach seinen Plänen mit dem Neubau des Dießener Marienmünsters begonnen. Zwischen diesen Großaufträgen muss der schon zu Lebzeiten berühmte Baumeister das hübsche Kirchlein St. Martin in Unering geplant haben, das weithin sichtbar auf einem kleinen Bergkegel hoch über dem Dorf thront.

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(Foto: Georgine Treybal)

Von namhaften Künstlern stammen die opulenten Gemälde in der Kirche St. Martin bei Unering.

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(Foto: Georgine Treybal)

Für die Deckenfresken war der Münchner Maler Johann Georg Sang zuständig.

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(Foto: Georgine Treybal)

Für die zarte Stuckierung der Flachkuppel und die in Stuckmarmor ausgeführten Altäre zeichnet Johann Baptist Zimmermann verantwortlich.

Von außen könnte man die Kirche mit dem schlanken Spitztürmchen und dem ummauerten Friedhof noch für eine ganz normale Dorfkirche halten. Umso größer die Überraschung, wenn man - meistens allerdings nur durch ein Gitter - einen Blick in ihr Inneres werfen kann: Der kleine Kirchenraum nimmt sich zwar im Vergleich zu den opulenten Bauten Fischers in Dießen oder in Berg am Laim sehr bescheiden aus, aber er ist doch von einer wundersamen Harmonie. Fast scheint es, als wäre dem Architekten hier mehr oder weniger zufällig auf höchst elegante Weise genau das gelungen, wonach er Zeit seines Lebens strebte, nämlich die zwei einander widerstrebenden Raumarten des Longitudinal- und des Zentralbaus miteinander zu vereinigen. Schon allein wegen der beengten Platzverhältnisse auf dem Kirchberg musste Fischer mit einem quadratischen Grundriss planen. Er entwickelte also einen geradezu idealtypischen, aber eben sehr kleinen Zentralbau mit abgeschrägten Ecken, dem er einen Chor in Form eines Querovals anfügte. Wegen seiner insgesamt geringen Größe wirkt der aus zwei Teilen bestehende Raum aber trotzdem eher länglich und dabei beinahe intim. Das ist wiederum umso erstaunlicher, als die Kirche wegen der großen geschweiften Fenster an beiden Seiten ungewöhnlich hell ist. Beinahe zu jeder Tageszeit ergeben sich reizvolle Lichteffekte.

An der Ausstattung der Kirche waren namhafte Künstler beteiligt. Sie war erst um 1760 endgültig abgeschlossen, die Weihe fand aber bereits 1732 statt. Für die zarte Stuckierung der Flachkuppel und die in Stuckmarmor ausgeführten Altäre zeichnet Johann Baptist Zimmermann verantwortlich, für die Deckenfresken der Münchner Maler Johann Georg Sang. Das Deckenbild zeigt den heiligen Martin kniend vor der Gottesmutter als Fürsprecher der Armen. Die Kirchenbücher berichten, dass der um den Neubau verdiente Seefelder Schlossverwalter Johann Sigmund Sprunner die Deckengemälde hat "ohnentgeltlich an das Kirchengewölb in fresco maallen lassen".

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(Foto: Georgine Treybal)

Dominiert wird der Innenraum von der lebensgroßen Figur des Kirchen Namenspatrons, der auf einem Pferd sitzt.

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(Foto: Georgine Treybal)

Der heilige Johannes Nepomuk ist auf dem rechten Seitenaltar zu sehen.

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(Foto: Georgine Treybal)

Auf der linken Seite ist die heilige Anna Selbdritt zu sehen.

Dominiert wird der Innenraum von der lebensgroßen Figur des Kirchenpatrons, der auf dem Pferd sitzend seinen Mantel teilt. Wie die übrigen Schnitzfiguren stammt sie von Johann Georg Greiff. An den Seitenaltären sind links die heilige Anna und rechts der heilige Johann Nepomuk zu sehen. Eine in der Fachwelt viel gerühmte Besonderheit sind auch die Antependien der Altäre in aufwendiger Scagliola-Technik. Aber selbst wer sich gar nicht für solche Details interessiert, wird sich dem Zauber der Uneringer Kirche kaum entziehen können.

Die Kirche St. Martin ist werktags geschlossen, Besichtigungstermine kann man über das katholische Pfarramt in Seefeld unter der Telefonnummer 08152/7267vereinbaren. Natürlich kann man die Besichtigung der Uneringer Kirche mit einem Badeausflug an den Pilsensee, mit einem Spaziergang oder mit einem Besuch auf Schloss Seefeld verbinden, aber am naheliegendsten ist das doch schöne alte Dorfwirtshaus, das sich vor ein paar Jahren zu einem viel gerühmten Speiserestaurant gemausert hat. Legendär ist der Gasthof Schreyegg aber schon allein wegen des Biergartens, der sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet. (www.gasthof-schreyegg.de, Montag und Dienstag geschlossen)

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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