Sakrale Kunst:Die romanische Landkirche

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St. Johannes in Berg, das älteste Gotteshaus im Landkreis Starnberg, ist mit Kunstwerken aus verschiedenen Epochen ausgestattet. Dazu gehört ein ungewöhnliches Relief

Von Katja Sebald

Die Kirchenbauten des Fünfseenlands sind weithin bekannt, es gibt aber auch uralte, versteckte und weitgehend unbeachtete Kirchen, die spannende Geschichten erzählen können. Heute: St. Johannes in Berg - die Älteste.

Eine Tafel neben dem Eingang weist sie als älteste Kirche im Landkreis Starnberg aus. Schon bei der ersten urkundlichen Erwähnung von Berg wird auch eine Kirche genannt: Im Jahr 822 übergaben Cotesalch und seine Ehefrau Ermanlind ihr Erbe im Ort "Perge" an das Bistum Freising und erhielten dafür von Bischof Hitto im selben Ort eine Kirche mit fünf Leibeigenen für die Zeit ihres Lebens. So kann man es in den Aufzeichnungen des Hochstifts Freising nachlesen, den "Traditionen".

Hohe künstlerische Qualität: der Innenraum der Berger Kirche St. Johannes. (Foto: Nila Thiel)

Der heute sichtbare Bau ist freilich nicht ganz so alt, aber das kleine Johanniskirchlein in Berg gilt doch als eine der am ursprünglichsten erhaltenen romanischen Landkirchen weit und breit. Sie steht unmittelbar an der Hangkante hoch über dem See und war in früheren Zeiten sicher weithin sichtbar. Der blockhafte, von mächtigen Bruchsteinmauern umfasste Bau und die niedrige halbrunde Apsis (Altarnische) verweisen auf eine Bauzeit im 12. Jahrhundert. Und weil die kleine Kirche schon früh im Schatten der Aufkirchener Wallfahrtskirche stand, der sie als eine von zehn Filialkirchen zugehörte, blieb sie im Lauf der Jahrhunderte von durchgreifenden baulichen Veränderungen verschont. Auch im Innenraum lassen sich die ursprünglichen romanischen Bauformen heute noch gut ablesen.

Das Relief stammt aus der Zeit um 1500 und zeigt die von Aposteln umgebene Maria in der Stunde ihres Todes. (Foto: Nila Thiel)

Der überraschend helle und schlichte Kirchenraum ist mit sehr qualitätvollen Kunstwerken aus verschiedenen Epochen ausgestattet. Der Dachstuhl und das spitzbogige Portal an der Nordseite stammen aus spätgotischer Zeit. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die kleine Kirche barockisiert: Man vergrößerte die Fenster, baute die Empore um und zog eine Zwischendecke ein. Aus Wessobrunn ließ man Mathias Schmuzer kommen, der den Raum mit einer besonders hübschen Stuckborte rund um den Ansatz der Apsis ausschmückte. Der Hofmarksherr dürfte der Stifter des noch erhaltenen Altars gewesen sein, der in einer Münchner Werkstätte angefertigt wurde. Heute steht im Zentrum dieses Säulenaltars eine Rokokofigur des Kirchenpatrons, die erst um die Mitte des 18. Jahrhundert von einem unbekannten Künstler geschaffen wurde. Auf den Seitenkonsolen stehen die Figuren der heiligen Magdalena und der heiligen Monika, auch sie gehörten nicht zur ursprünglichen Altarausstattung.

Wann und wie die anderen Ausstattungsstücke in die Kirche gelangt sind, darüber ist wenig bekannt. Bemerkenswert ist vor allem ein Relief mit der Darstellung des Marientods aus der Zeit um 1500. Ungewöhnlich ist es zunächst schon allein deshalb, weil Maria als Hauptfigur entgegen aller Darstellungskonventionen der Zeit nicht im Zentrum, sondern am rechten Bildrand zu sehen ist. Da von den zwölf Aposteln, die Maria in der Stunde ihres Todes beistanden, zwei fehlen, liegt die Vermutung nahe, dass das Relief ursprünglich größer war und verändert wurde. Und tatsächlich: Es besteht aus zwei Teilen, und das heute links montierte Teilstück wurde am Rand abgesägt. Noch viel ungewöhnlicher aber ist die hohe künstlerische Qualität der Schnitzarbeit, von der man bislang lediglich weiß, dass sie aus einer Münchner Werkstatt stammt. Ob es sich dabei um die des "Meisters von Rabenden" handeln könnte, dessen Identität erst kürzlich gelüftet wurde, das müssen zukünftige Forschungen noch bestätigen. Als gesichert gilt hingegen die Geschichte des kleinen Dachreiters: Spätestens seit 1814 war die Kirche von einem Zwiebeltürmchen bekrönt. Im Jahr 1867 ersetzten ihn die Aufkirchener Zimmerleute Andreas und Philipp Doll im Auftrag von König Ludwig II. durch einen schindelgedeckten Spitzturm.

Die Kirche St. Johannes in Berg gehört zur Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen. An jedem dritten Dienstag im Monat findet um 8 Uhr morgens ein katholischer Gottesdienst statt. Der Kirchenpatron Johannes der Täufer deutet darauf hin, dass die Kirche schon in früheren Zeiten als Taufkirche genutzt wurde. Eine Besonderheit unserer Zeit ist es, dass auch die evangelische Kirchengemeinde St. Johannes nutzen darf, vor allem Taufen finden hier statt. Besichtigungen sind nur nach Absprache mit dem Pfarramt Aufkirchen möglich. Das Kirchlein befindet sich in der Grafstraße, nur wenige Schritte vom Geburtshaus von Oskar Maria Graf entfernt. Und nicht nur von dort locken ganz weltliche Genüsse: Gegenüber vom "Oskar-Maria-Graf-Stüberl" (Dienstag Ruhetag) ist von Freitag bis Sonntag das "Café Frühtau" geöffnet. Und direkt neben der Kirche steht das alte Fischeranwesen "Beim Kramerfeicht", in dem es ein Fischgeschäft gibt und ein feines kleines Fischrestaurant, das jeden ersten Mittwoch und Donnerstag im Monat um 18 Uhr öffnet.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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