Riederau:Flüchtlinge im Ferienheim

Lesezeit: 2 min

Der Gebäudekomplex in Riederau diente nach dem Zweiten Weltkrieg schon einmal als Unterkunft für die "Flüchtlingsjugend". (Foto: Arlet Ulfers)

Die evangelische Kirche vermietet das ehemalige Weggenossenheim in Riederau für etwa 60 Asylbewerber. Der Landkreis Landsberg will es nach kleineren Umbauten von Ende Januar an zur Unterbringung nutzen

Von Armin Greune, Riederau

Die evangelische Kirche Augsburg stellt ihr Freizeitenheim in Riederau als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung. Das im Ort als Weggenossenheim bekannte Anwesen weist eine markante, farbenfrohe Architektur auf und hat bislang Schulklassen, Jugend- und kirchlichen Gruppen für Seminare und Ferienaufenthalte gedient. Jährlich wurden dort etwa 5500 Übernachtungen gezählt, bald sollen dort etwa 60 Flüchtlinge eine Herberge finden. Nach kleineren Umbauten rechnet das Landratsamt Landsberg damit, das Heim von Ende Januar an nutzen zu können.

Die Synode des Evangelischen Dekanatsbezirks Augsburg hat in ihrer jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen, eines ihrer beiden Freizeitenheime vorübergehend aufzugeben. Weil sie es als ihren christlichen Auftrag versteht, zur Aufnahme der Asylbewerber beizutragen, wird das Heim in Riederau für fünf Jahre an den Landkreis Landsberg vermietet. Dort rannte man mit dem Angebot offene Türen ein, sagt Behördensprecher Müller, man sei sofort in Vorverhandlungen getreten. Gerade erst habe der Landkreis erfahren, dass er künftig 54 statt wie bisher 44 Flüchtlinge wöchentlich zugewiesen bekommt. Das Weggenossenheim sei in einem guten Zustand, eigentlich müsse man nur die bestehende Großküche ausbauen und durch einzelne Kochstellen ersetzen.

Das Freizeitenheim konnte bislang 51 Gäste bewirten, die zumeist in einfachen Vier- und Sechsbettzimmern untergebracht waren. Außerdem stehen Gemeinschaftsräume und ein Freizeitkeller zur Verfügung. Auf dem großzügigen Gelände am Römerweg befindet sich ein Sportplatz und ein kleiner Wald, sogar ein eigener Badestrand in 300 Meter Entfernung gehört dazu. Die umfangreiche Ausstattung an Kommunikations-, Büro- und Spielgeräten soll ebenso wie die Küche im zweiten Freizeitenheim des Dekanats weiter verwendet wendet. Dieses ehemalige Bauernhaus 20 Kilometer südwestlich von Augsburg ist allerdings dringend renovierungsbedürftig. Wegen hygienischer und Sicherheitsmängel ist es derzeit nicht belegt, die endgültige Schließung stand zur Debatte. Nun entschied die Synode, das Haus wieder für die Jugendarbeit zu nutzen - auch wenn dafür bis zu 250 000 Euro nötig sind.

Das Anwesen in Riederau hat die Kirche 1938 erworben; es gehörte seit 1926 dem evangelischen Weggenossenkreis, der sich für weibliche Jugendliche engagierte. Roswitha Dehnhardt, die mit ihrem Mann Wolfgang das Heim leitet, geht davon aus, dass es älter als 100 Jahre ist: "Auf alten Fotos steht es im weiten Umkreis alleine da." Die Gebäude seien zweimal umgebaut und erweitert worden - zuletzt 1986. Das Heim hat bereits einmal Menschen aufgenommen, die ihre Heimat verloren hatten: In einem Dokument von 1947 wird "die Flüchtlingsjugend" nach Riederau eingeladen.

An diesem Wochenende erwarten die Dehnhardts die vorerst letzte Freizeitgruppe, die in der Großküche voll versorgt wird. Nach dem Willen des Dekanats werden sie Arbeitsplatz und Wohnung im Heimleiterhaus nebenan behalten und als Kümmerer für die Asylbewerber zur Verfügung stehen. Der neue Aufgabenbereich sei schon "eine große Herausforderung", sagt Roswitha Dehnhardt, die viel Verständnis für die Situation der Flüchtlinge aufbringt.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: