Reden wir über:Die Freundschaft zu Uri Chanoch

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Gautinger Altbürgermeister Ekkehard Knoblauch. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ekkehard Knobloch über einen beeindruckenden Menschen

interview Von Christiane Bracht

Der Gautinger Altbürgermeister Ekkehard Knobloch hat als erster Deutscher vor 26 Jahren Überlebende der Außenlager des KZs Dachau eingeladen, die in den letzten Kriegstagen 1945 von SS-Schergen durch das Würmtal Richtung Garmisch getrieben wurden. Auch Uri Chanoch kam von 1995 an regelmäßig zu den Gedenkmärschen nach Gauting. Mit Knobloch verband ihn eine enge Freundschaft.

SZ: Wie haben Sie vom Tod Ihres Freundes erfahren?

Ekkehard Knobloch: Im Radio. Ich war gerade auf der Autobahn zwischen Bayreuth und Nürnberg als in den 16 Uhr-Nachrichten verkündet wurde, dass Uri Chanoch gestorben ist. Ich war so geschockt, dass ich die Nachrichten drei Mal hören musste, bevor ich es glauben konnte. Danach habe ich erst einmal mit Abba Naor telefoniert. Anfang August hatte er mir allerdings schon mitgeteilt, dass Chanoch sehr schwach und müde war.

Waren Sie auf seiner Beerdigung?

Nein. Das war leider nicht zu schaffen. In Israel werden die Toten am Tag drauf beerdigt. Nur Gabriele Hammermann, die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, war dort.

Wann und wo haben Sie Chanoch eigentlich kennen gelernt?

1992 war ich mit meinen Bürgermeisterkollegen Eberhard Reichert aus Gräfelfing und Dieter Hager aus Krailling in Israel, um ein Mahnmal in die Gedenkstätte Yad Vashem zu bringen. Zuvor trafen wir Überlebende des Todesmarschs in einem kleinen Fischrestaurant. Neben Abraham Schul und Zvi Katz, die 1989 schon meiner Einladung gefolgt waren, kamen auch Solly Ganor und Uri Chanoch. Es war eine sehr berührende Begegnung in lockerer Atmosphäre. 1995 besuchte Chanoch dann das erste Mal seit seinem traumatischen Erlebnis von 1945 Gauting. Da hatte er schon die Vereinigung der Überlebenden der Außenlager Dachaus gegründet, um eine zentrale Anlaufstelle zu schaffen.

Was hat Sie eigentlich damals dazu veranlasst, die Einladungen auszusprechen?

Wir waren Flüchtlinge. Bei meinen Eltern habe ich immer gespürt, wie sie der Verlust der Heimat beschäftigt hat. Da war mir klar, dass möglicherweise auch die KZ-Überlebenden an die Stätten ihres Leids zurückkehren wollten. Auch die Gautinger, die den Zug gesehen oder das Klappern der Holzschuhe gehört hatten, haben diese Eindrücke ein Leben lang nicht vergessen.

Was haben Sie an Chanoch bewundert?

Schon aufgrund seiner Größe war er ein überragender und gewinnender Mann. Er hatte ein sehr souveränes Auftreten, war schlagfertig und ein launiger Unterhalter. Am meisten aber hat mich beeindruckt, dass er sich mir brüderlich verbunden fühlt und ich das selbst erleben konnte. Als ich mal in Israel war, haben wir einen Ausflug gemacht nach Masada. Angesichts der starken Eindrücke hatte ich keinen Appetit mehr, als wir in ein Restaurant gingen. Chanoch bestellte daraufhin einen Teller nur mit Reis und zwei Löffeln. Einen legte er mir hin, den anderen nahm er selbst. So konnte er einen aufmöbeln. Wir haben Freud und Leid geteilt und ähnlich empfunden. Es war eine enge Freundschaft vor einem grausigen Hintergrund.

Was wird sich ändern durch seinen Tod?

Es wird bald keine Überlebenden mehr geben. Aber durch den Schüleraustausch sind Freundschaften entstanden - auch in der jüngeren Generation.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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