PrimaTonnen in Utting:Und freundlich nickt das Edelweiß

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Furchtlos, frech, frivol: Das Kabaret-Trio PrimaTonnen testet die Gags des neuen Programms bei der Vorpremiere in Utting - inklusive einer Musikantenstadl-Parodie.

Patrizia Steipe

Nicht mehr arbeiten müssen. Bloß zwei Stunden am Abend auftreten, einen Haufen Geld einschieben und berühmt sein! Wer träumt nicht von einer solchen Karriere und wenn dann Edeltraud Rey noch den Blues "mia geht's vui z'guad" anstimmt, könnte man fast meinen, dass der Dialog im Sketch mit der Bäckersfrau auf die Kabarettistinnen tatsächlich zutrifft.

Johanna Wolff von Schutter (links) und Bettina von Haken zwängen sich mit fast schon exhibitionistischer Hingabe in tief dekolletierte Kleider. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Fast, denn so wie sich die PrimaTonnen Johanna Wolff von Schutter und Bettina von Haken sowie die Liedermacherin Edeltraud Rey auf der Bühne verausgaben, wie sie die Pointen zielsicher platzieren, das geht nicht einfach so. Da ist knüppelharte schweißtreibende Vorarbeit nötig gewesen.

Mit ihrem vierten Programm (M)unterbelichtet treten die PrimaTonnen derzeit in verschiedenen Spielstätten auf. Es sind Generalproben, Vorpremieren, in denen anhand der Reaktionen des Publikums am Feintuning der Pointen gearbeitet wird. "Habt's des ned verstanden?", fragt Edeltraud Rey wiederholt. Nicht alle Pointen haben im Biergarten des Schneiderwirts den erwünschten Lacheffekt. Nicht so überzeugend kam der Sketch mit Mitteln gegen Blasenschwäche, Inkontinenz und Demenz aus der Fernsehwerbung rüber. Da diese Mittel von jungen Menschen präsentiert werden, sei es keine Schande mehr, mit der Windelpackung für Erwachsene aus der Apotheke zu schreiten. Na ja.

Anderes kommt dagegen so gut an, dass das Publikum sofort eine Zugabe fordert. Wie die Persiflage auf den Musikantenstadl. Köstlich, wie Sängerin Johanna zweistimmig mit Edeltraud das Lied vom freundlich nickendem Edelweiß und dem ins Tal brunzenden Jäger singt - mit treuem Augenaufschlag, den Bettina von Haken noch durch überzeichnende Mimik dermaßen ins Lächerliche zieht, dass man einfach nicht anders kann als loszulachen.

Optisch eine Augenweide

Überhaupt Bettina von Haken. Vor ihrem losen Mundwerk ist niemand sicher. Gekonnt integriert sie Zurufe und bezieht selbst die Zuhörer ein, die auf der anderen Zaunseite des Biergartens die Aufführung von der Privatterrasse aus genossen. Ihre Stärke ist die Mimik, das freche und respektlose Grinsen, das einerseits so unschuldig-naiv wirkt, andrerseits aber vermuten lässt, dass es diese Dame faustdick hinter den Ohren hat.

Optisch sind die beiden PrimaTonnen Johanna und Bettina sowieso eine Augenweide. Ihre ausladenden Ausmaße als "pfundig" zu bezeichnen, ist eine Untertreibung. Trotzdem zwängen sie sich mit fast schon exhibitionistischer Hingabe in tief dekolletierte Dirndl, geschnürte Mieder, Minis, High heels und sogar ins Playboyhäschen-Latex-Kostüm, auch wenn das einst "aerodynamische Fahrgestell" eher einem Renault Kangoo ähnelt.

Dabei fühlen sie sich so "schlank, schön und sexy", so wie der Großteil der Menschen in den Chatrooms des Internets. Blöd nur, dass der von Bettina (Rehlein, w) beim Blind Date erwartete Traummann "statt eines Sixpacks gleich ein ganzes Fassl geschluckt hat". Herrlich der Versuch, mit dem Telefonanbieter in Kontakt zu treten. Wer das schon einmal versucht hat und aus den ewigen Warteschleifen mit immer neuen Aufforderungen per Tastendruck zu anderen Stellen geleitet wurde, weiß, dass die Verzweiflung nicht gespielt ist. Das ist Realität.

Natürlich spielen die PrimaTonnen auf aktuelle Ereignisse an. Rauchverbot und Wiesn, wie das wohl wird, zeigen die Kabarettistinnen in einem Horrorszenario von Birkenstock beschuhten, sauertöpfischen und dauerstillenden Ökomuttis, die die Wiesnzelte erobern, während die Raucher und deren nichtmilitanten Verbündeten auf dem Raucherbalkon ausgelassen toben, bis das Zelt kippt. Offizielle Premiere des neuen Programms ist am 4. September in Parsdorf. Im Landkreis Starnberg treten die PrimaTonnen am 13. November im Herrschinger Seehof auf.

© SZ vom 23.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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