Aufwendige Renovierung:Farbschicht für Farbschicht

Lesezeit: 2 min

Restaurateurinnen Sylvia Hofmann und Beata Smigla-Nowak (v.l.) wollen das 300 Jahre alte Altarbild des Münchner Hofmalers Andreas Wolff erhalten. (Foto: Georgine Treybal)

Die Restauratorinnen Beata Smigla-Nowak und Sylvia Hofmann arbeiten am 300 Jahre alten Altarbild des Münchner Hofmalers Andreas Wolff. Sie wollen das Gemälde vor dem Zerfall retten

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking/ Feldafing

Auf den ersten Blick sieht die Feldafinger Werkstatt der beiden Restauratorinnen Beata Smigla-Nowak und Sylvia Hofmann aus wie ein Künstleratelier. In Regalen stapeln sich Farbtuben in allen Schattierungen, Harz, Bindemittel und zahlreiche Pinsel. Daneben ist aber auch auffallend viel Technik zu sehen, hochwertige Kameras auf Stativen, Tageslichtleuchten, Mikroskope, Klima- und Druckmessgeräte. "Wir restaurieren nicht nur, wir konservieren", erklärt Smigla-Nowak und zeigt auf das Altarbild der Schlosskapelle Possenhofen, an dem sie derzeit arbeiten.

Das Werk des bekannten Münchener Hofmalers Andreas Wolff liegt auf einem riesigen Arbeitstisch. Die beiden Fachfrauen konservieren den aktuellen Zustand des geschichtsträchtigen, mehr als 300 Jahre alten Barock-Gemäldes. Damit sollen weitere Schäden verhindert werden. In einem weiteren Schritt könnte das Gemälde restauriert werden. Dies soll jedoch erst geschehen, wenn über den endgültigen Standort entschieden ist, und dieser ist nach wie vor ungewiss.

Das Bild ist in einem bedauernswerten Zustand. Die Leinwand ist stark eingerissen und es haben sich Falten gebildet, an denen bereits die Farbe abbröckelt. "Es würde irgendwann die Wachsschicht herunterfallen", sagt Sylvia Hofmann. Die Schäden sind ihrer Meinung nach durch eine Restaurierung des Bildes gegen 1900 verursacht worden. Damals ist der Barockrahmen durch einen einfacheren, dem damaligen Zeitgeist entsprechenden Rundbogenrahmen ersetzt worden. Das Gemälde wurde auf die neue Form zugeschnitten und in der Farbschicht aufgenagelt. Dies hatte zur Folge, dass sich die Malschicht gelockert hat, auch die Nägel sind verrostet. In mühevoller Kleinarbeit wird nun die Leinwand am Rand entlang gestopft, damit sie wieder tragfähig wird. Anschließend kommt das Gemälde in ein Klimazelt. Durch die höhere Luftfeuchtigkeit kann die Leinwand kontrolliert gespannt werden, um die Falten vorsichtig zu beseitigen und die Malschicht wieder zu festigen. Alleine für diese Arbeiten rechnen die Restauratorinnen mit rund 200 Stunden, ohne die Zeit, die das Gemälde in der Klimakammer verbringt und ohne die Vorarbeiten, die die Restauratorinnen mit mühevoller Recherche verbracht haben.

Das Altarbild hat eine wechselvolle Geschichte. Der Hofmaler Wolff, von dem beispielsweise auch die Seitenaltäre der Andechser Klosterkirche sind, hat das Altarbild "Die Geburt Christi mit anbetenden Engeln umgeben" im Auftrag des damaligen Hofmarksherrn Johann Rudolf Freiherr von Wämppl im Jahr 1700 für den Kapellenraum im ersten Stock im Schloss Possenhofen geschaffen. Das Pendant hängt übrigens in der Kirche Sankt Martin in Landshut. Fachleute gehen davon aus, dass das Possenhofener Bild ein Entwurf für das Gemälde in Landshut war. Als Herzog Max, der Vater der österreichischen Kaiserin Elisabeth, im Jahr 1834 Eigentümer von Schloss Possenhofen wurde, baute er eine neue Kapelle im heutigen Eingangsbereich des Schlosses. Seither hing das Bild dort über dem Altar, bis das Schloss 1982 verkauft und in Eigentumswohnungen umgewandelt wurde. Danach galt das Gemälde als verschollen, bis es die ehemaligen Schlossherren, die Familie Bagusat, 2006 im Rahmen einer Schenkung an die Gemeinde Pöcking übergaben. Jahrelang fristete das Werk dann im Sitzungssaal des Rathauses ein weitgehend unbeachtetes Dasein. Dann warnte Beata Smigla-Nowak, die in Pöcking wohnt: "Wenn man jetzt nichts macht, könnten irreversible Schäden auftreten."

Eigentlich wollte die Gemeinde zunächst mit den Restaurierungsarbeiten warten, um abzuklären, ob das Gemälde eine Chance hat, an seinen angestammten Platz in der Schlosskapelle zurückzukommen, doch das Risiko vor weiteren Schäden zwang nun zum Handeln. Seit Jahren führt die Gemeinde Verhandlungen mit den Schlosseigentümern, um die Kapelle für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bislang jedoch erfolglos. Bürgermeister Rainer Schnitzler räumte auf Anfrage ein, dass derzeit noch Klagen von einigen Schlosseigentümern anhängig sind. Dennoch gebe man die Hoffnung nicht auf, sagte er. "Das ist der historische Ort, an dem das Bild hingehört."

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: