Pentenried:Hallelujah

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Glänzend aufeinander eingestellt: die Ensembles des collegium:bratananium beim Kirchenkonzert. (Foto: Arlet Ulfers)

Händels "Messias" in mustergültiger Interpretation

Von Reinhard Palmer, Pentenried

Händels "Messias" ist ein Mammutwerk. Es vereint aber auch mit den drei Teilen Passion, Auferstehung sowie Wiederkunft und Verherrlichung nahezu alle christlichen Glaubensinhalte als Essenz in sich. Dass es für die zahlreichen Zuhörer in der Pentenrieder St.-Benedikt-Kirche trotz kompletter Gesamtaufführung in englischer Sprache keine Sitztortur wurde, war einerseits den straffen Tempi sowie der packenden, alle Aufmerksamkeit auf sich ziehenden Erzählweise zu verdanken.

Über so weite Strecken beides auf der Höhe zu halten, war schon eine enorme Leistung der Ausführenden. Ursächlich dafür verantwortlich waren Qualitäten, mit denen die Ensembles des collegium:bratananium nun eindeutig in die Oberliga aufgestiegen sind. Der Kammerchor brillierte mit enormen Wendigkeit und stimmlichen Agilität, ohne jemals die klangschön austarierte Balance als Klangkörper und bis ins Detail präzise Sprachdiktion ins Wanken geraten zu lassen. Selbst in rasanten Passagen wie im hymnischen "The Lord gave the word" ließen die Choristen keinen Deut nach. Mit jungen, offenbar gut ausgebildeten Stimmen besetzt, kommt das Vokalensemble mit nur 25 Mitgliedern aus, um auch hymnisch-große, strahlende Höhepunkte entwickeln zu können. Das Hallelujah war also in voller Pracht zu hören.

Hinzu kam n aber auch eine für die Interpretation unter der Leitung von Johannes X. Schachtner, der seit 2010 regelmäßig mit dem Ensemble arbeitet, so charakteristische spritzige Leichtigkeit. Sie gewann aus dem barock pochenden Händel-Duktus eine mitreißende Beschwingtheit, die vorantrieb und mit klarer Pointierung schon sehr viel Kraft freigab.

Zweifelsohne: Für den energisch am Pult agierenden Schachtner und die Mitwirkenden war es eine Tour de Force. Doch dieser Eindruck dominierte äußerlich keinesfalls - und die reiche Differenzierung überspielte die Schwerstarbeit geradezu. Insbesondere weil skandierte, spritzige Leichtigkeit zumindest die Chöre kennzeichnete, eingeführt bereits zu Beginn in der Prophezeiung der Erlösung mit "And the glory oft he Lord". Mit der weiten Chor-Passage im zweiten Teil konnte das Vokalensemble sein Ausdrucksspektrum endlich am Stück feinsinnig differenziert ausbreiten. Kraftvoll beginnend mit hintergründiger Erregung im "Surely he hath borne our griefs", sogleich auch lyrisch fließend zurückgenommen, über das tektonische "And with his stripes" bis hin zu einem heiter packenden "All we like sheep".

Eine Bandbreite, die auch das stimmige Solistenensemble homogen einzuflechten vermochte. Verena Maria Schmid (Sopran), Nicholas Hariades (Altus), Sören Richter (Tenor) sowie Florian Prey (Bariton) fanden die Abrundung in einem Melos, das sich wie ein roter Faden durch die solistische Einlagen zog. Die expressive, vorwiegend düstere Dramatik hatte Händel in die Bassstimme gelegt, die Prey gewichtig modellierte. Zumindest im Vergleich zu den eher schlank angelegten Rezitativen und Arien der übrigen Solisten.

Insgesamt richtete Schachtner den Zugriff geschickt auf die stimmliche Besonderheit von Hariades aus, zumal der Altus im Messiah eine zentrale Rolle spielt. Die poetische Entrückung der hohen Stimmen, über Richters Vermittlung nahtlos eingebunden, fand die nötige Inszenierung gerade durch die kraftvolle, Wirkung steigernde Einfassung, die das Barockensemble trotz historischer Instrumente keinesfalls altehrwürdig erklingen ließ. Ganz im Gegenteil: Das 14-köpfige Kleinorchester vermochte im straffen, temporeichen Duktus die historische Charakteristik auszuprägen und die Dialoge mit den Vokalisten stimmig auszubalancieren. Eine großartige Interpretation, die zurecht mit Standing Ovations belohnt wurde.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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