Niederpöcking:Fruchtzwerge im Bauch

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Immer noch amüsant nach all den Jahren: Axel Hacke bei seiem Auftritt im Niederpöckinger Hotel "La Villa". (Foto: Frranz Xaver Fuchs)

Axel Hacke macht einmal mehr deutlich, dass der Mensch an seiner eigenen Sprache scheitert. Gerade deshalb ist es ein amüsanter Abend

Von Katja Sebald, Niederpöcking

Lange Zeit dachte man, es sei die Sprache, die den Menschen von den Tieren abhebt und ihn zur Krone der Schöpfung macht. Axel Hacke hat uns eines Besseren belehrt: Der Mensch scheitert an seiner eigenen Sprache. Wie genau, das hat Axel Hacke in 25 Jahren, in mehreren Tausend Kolumnen für das SZ-Magazin und mittlerweile in einem ganzen Stapel Bücher beschrieben. Und, das sei vorausgeschickt, es ist immer noch unglaublich erheiternd. Zumindest für das Publikum, zumindest an diesem Donnerstagabend im feinen Hotel La Villa in Niederpöcking, wo Axel Hacke im Rahmen des Jubiläumsprogramms zum 25-jährigen Bestehen des Hotels auftrat.

Der menschlichen Sprache - oder dem menschlichen Gehirn - also entspringen Wortkreationen wie der "Frischspermaeinsatz" und der "Deckakt auf Phantomstute" für Zuchthengste, während der Mensch selbst immer noch den "Natursprung" und der Kolumnist darüber hinaus auch den Gedankensprung praktiziert. Letzterer weist den Weg von den "Bemerkungen über das Eincremen von Rattenpenissen" bis hin zu Untersuchungen über das Gähnen von Wellensittichen. Von dort ist es dann nicht mehr weit zu einer Systematisierung der Stoiberschen "Ähs" - ein Thema, das ein wenig an Aktualität eingebüßt hat. Ganz anders das von Hacke erstmals klassifizierte und im paarweisen menschlichen Zusammenleben immer noch häufig praktizierte "Partnerschaftspassiv", das mit einem "sollte gemacht werden" das Runtertragen des Mülleimer outsourced.

Den weitaus größten Teil des Abends verweilt Hacke beim Scheitern des Menschen, präziser gesagt: beim Scheitern des Menschen im Umgang mit Sprache. Das falsche Verstehen von Liedtexten sei ein Volksphänomen, ja, mehr noch: "In Deutschland ist überhaupt noch nie ein Liedtext richtig verstanden worden." Der einer Fehlinterpretation von "Der weiße Nebel wunderbar" aus dem Abendlied "Der Mond ist aufgegangen" entstiegene "weiße Neger Wumbaba", längst in einer Buchtrilogie verewigt, dürfte zu Hackes größten Erfolgen gehören. Und seine Anekdoten vom Verhören bringen ihm auch an diesem Abend die meisten Lacher. Wumbaba wird begleitet von einer "Raumfliegerin", die wohl eher eine "Raumpflegerin" war, und von Herbert Grönemeyer, der "Fruchtzwerge" statt "Flugzeuge" im Bauch hat. Womöglich war auch jener "Erdbeerschorsch", der in die Schule kam, um die Kinder zu filmen, einer der Fruchtzwerge - oder er war doch der "Erzbischof", der zum "firmen" kam. Noch einmal durfte an diesem Abend "der Vater Krause, er reitet geschwind, in seinen Armen das 16. Kind" auftreten, und dann noch einmal der kleine Luis, der exemplarisch für alle Kinder dieser Welt seine Sorgen, aber auch seine großen Visionen hat, etwa die von "Jesus Beuys, der sich in kuschelweiches Tölz gewickelt hat".

Aber Hacke kann auch anders. Für Orte, in denen die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent sinkt, fordert er die Abschaffung der Demokratie: "Denn irgendwo müssen die Windräder und Mülldeponien ja hin." Und er kann noch deutlicher, etwa wenn er den Hype um Heinos 2013 erschienene Rockerplatte anprangert. Von diesem Hacke würde man sich noch mehr wünschen, nach all den Jahren.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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