Mühltal:Wasser marsch

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Mit einer versuchsweisen Öffnung des Wehrs im Mühltal soll geklärt werden, ob über die Würm ein Hochwasser im Starnberger See rascher abfließen kann. Mit Ergebnissen ist im Januar zu rechnen

Von Armin Greune, Mühltal

Von einer Flutkatastrophe wie im Landkreis Rottal-Inn oder auch in Polling bei Weilheim sind die Anlieger des Starnberger Sees heuer verschont geblieben. Dennoch lag der Pegel des Gewässers den größten Teil des Sommers über der Hochwassermeldestufe 1, bei der aber keine gravierenden Schäden an Gebäuden zu erwarten sind. In Teilen der Starnberger Wassersportsiedlung und anderen seenahen Bereichen kam dennoch zu Beeinträchtigungen. Nun will das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Weilheim in einem Naturversuch klären, ob sich der Pegel des Starnberger Sees absenken ließe, wenn das Wehr des Würmtal-Zweckverbands in Mühltal geöffnet ist und die Würm so rascher abfließen kann.

Drei Wehrfelder sind am Mittwoch an der "Mühle am Karlsberg" in Handarbeit hochgekurbelt worden. Das vierte ließ sich nicht bewegen, weil es elektrisch betrieben wird und im ehemaligen Kraftwerk kein Strom mehr zur Verfügung steht. Auflage war, das Wehr so langsam wie möglich zu öffnen, denn im Staubecken davor sollten wenig Sedimente aufgewirbelt werden, die weiter unterhalb das Wasser trüben und die Fische beeinträchtigen könnten. Andere Auswirkungen auf die Natur oder gar Hochwasserschäden würmabwärts will Markus Brander, WWA-Abteilungsleiter für den Landkreis Starnberg, ausschließen: Vor dem Versuch hatte er einen Durchfluss von 6,6 Kubikmeter pro Sekunde gemessen. Dies sei im Vergleich zum mittleren Durchfluss von 4,7 Kubikmeter pro Sekunde ein leicht erhöhter Wert, doch noch weit von den 11 Kubikmeter pro Sekunde entfernt, die Hochwasserschäden an Gebäuden entlang der Würm zur Folge haben könnten.

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(Foto: Georgine Treybal)

Markus Otter vom Würmtal-Zweckverband hebt mit der Kurbel das Wehr in Mühltal an.

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(Foto: Georgine Treybal)

Der Pegel des Starnberger Sees stand in diesem Sommer meist über der Hochwasser-Meldestufe 1 von 120 Zentimetern.

Ziel des Naturversuchs sei es, die Abflussverhältnisse der Würm bei erhöhtem Wasserstand zu untersuchen, noch immer liegt der Pegel des Starnberger Sees 19 Zentimeter über dem Normalwert. Vor vier Jahren hatte das WWA einen ähnlichen Test bei Mittelwasser durchgeführt und nach vier Tagen Wehröffnung keinen Einfluss auf das Niveau des Sees feststellen können. Dieses Mal soll sieben Tage lang exakt gemessen werden, wie sich Wasserstand und Fließgeschwindigkeit der Würm verändern. Dazu hat das WWA zwischen Seeauslauf und Mühltal-Wehr vier Behelfspegel am Flusslauf eingerichtet, die wie die bestehenden Pegel in Leutstetten und in der Starnberger Wassersportsiedlung Werte liefern. Außerdem werden täglich mit einem schwimmenden Sonargerät die Strömungsgeschwindigkeiten und Wassertiefen an diesen Messpunkten erfasst.

Zur Öffnung des Wehrs hatte sich am Mittwoch auch der ehemalige Berger Gemeinderat Willy Lindner eingefunden. Er ist als direkter Anlieger am Starnberger See wieder einmal vom Hochwasser betroffen gewesen, auch wenn er keinen Keller hat. Bei seinen Nachbarn aber liefen die Pumpen monatelang, denn im Uferbereich stieg auch der Grundwasserspiegel auf das Niveau des Sees an. Auch wenn noch längst nicht klar ist, ob und wie sich das geöffnete Mühltal-Wehr auf den Wasserstand des Sees auswirkt, geht für Lindner mit dem Versuch ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung: "Wir bemühen uns seit Jahren um eine partnerschaftliche Lösung des Problems." Die Ergebnisse der Untersuchung sollen Anfang nächsten Jahres vorliegen.

SZ-Grafik; Quelle: Hochwassernachrichtendienst Bayern (Foto: Starnberg)

Mit eher kritischen Blicken verfolgten Manfred Fleischmann und Josef Königsdorfer vom Kreisfischereiverein Starnberg das Anheben des Wehrs. Als dort vor einem Jahr ohne Vorwarnung plötzlich angestaut wurde, sind die Zuchtbecken anschließend überspült worden. Diesmal wollen sie auf der Hut sein und notfalls die Becken durch Erhöhen der Ränder sichern.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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