Mitten in Wörthsee:Ein Herz für Kröten

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Krötenbeschützer in Wörthsee sind bestürzt: Unbekannte haben am Samstagabend ihre Tempo-30-Anzeiger gestohlen, 50 Springfrösche, Kröten und Molche blieben auf der Strecke

Kolumne Von David Costanzo

Es dämmert. Vier Krötenbeschützer stehen am Straßenrand und rudern mit den Armen. Sie versuchen, die Autofahrer in der Kuckuckstraße in Wörthsee zu bremsen. Eine Welle aus Fröschen und Molchen schwappt auf die Straße, viele davon auf der Roten Liste der gefährdeten Arten - und das sind sie auf dieser Straße durchs Grüne ganz besonders. "Manche Autos rasen einfach durch", klagt Herbert Lecherbauer, Ortsvorsitzender des Bundes Naturschutz, der am Samstagabend dabei war. Die nachtaktiven Feuchttiere springen wie wild über die Fahrbahn. Dann ahmt der oberste Krötenbeschützer am Telefon nach, was passiert, wenn ein Lieferwagen auf einen Lurch trifft: "Krccchhhh". Das Geräusch klingt wie eine Mischung aus Quaken und einem berstenden, mit Wasser gefüllten Luftballon.

Nun stehen an dieser Stelle der Zeitung oft heitere Geschichten, dies ist keine. Denn der Krötentod geschah ohne Not. Landratsamt und Polizei hatten längst eine Straßensperrung veranlasst, der Bauhof hatte die Schilder schon am Freitag am Fahrbahnrand bereitgestellt. Wenn es regnet und sich die Amphibien wie beim Volkswandertag aufmachen, wollten die Krötenbeschützer die Sperr- und Umleitungsschilder auf die Straße ziehen, wenn es nur feucht ist, den Tempo-30-Anzeiger. Nur: Die Schilder waren am Samstagabend verschwunden. Unbekannte müssen sie gestohlen haben, ist sich der Bund-Naturschutz-Vorsitzende sicher - samt zentnerschwerem Betonfuß und Metallmast.

Mehr als 50 Springfrösche, Kröten und Molche sind am Wochenende in Wörthsee auf der Strecke geblieben. "Die Amphibienhelfer mussten hilflos dieses Geschehnis hinnehmen", stellt der Bund Naturschutz eigens in einer Pressemitteilung betrübt fest. Noch ist unklar, ob der Übeltäter ein Fahrer war, der seinem Auto den kleinen Umweg durch eine andere Straße nicht zumuten wollte. Oder womöglich ein Sammler, der nun seinen Partykeller mit einem Tempo-30-Schild schmückt.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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