Mitten in Wörthsee:Die virtuelle Bank

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Über das neue Sparen der Sparkasse

Von Christine Setzwein

Schön war's schon, früher, als man ältere Herrschaften noch mit Anglizismen zur Weißglut bringen konnte. Wer chillte, war happy, die angesagteste verrufenste Disco hieß Blow up, wo man zu Hard Rock den Head bangte. Heute kommt einem der Facility Manger so flüssig über die Lippen wie die Musik aus dem Gettoblaster, und dass Refugees welcome sind, kann nicht oft genug betont werden. Hört sich alles wahnsinnig modern, jung und gebildet an. Da will natürlich auch ein so traditionsbewusstes Haus wie die Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg nicht zurückstehen. Eigentlich geht es ja um etwas ganz Einfaches: die Schließung von Filialen zum 1. Juli. Aber Schließung hört sich auf Deutsch schon ziemlich brutal an. Immerhin sollen ein Auszahlungsautomat, ein Kontoauszugsdrucker und ein Selbstbedienungsterminal stehen bleiben. Kurz plaudern kann man mit denen nicht, und Fragen beantworten können sie auch nicht. Alles nicht so schlimm, erklärten in der Wörthseer Gemeinderatssitzung die zwei Herren von der Kreissparkasse. Im Gegenteil, das künftige "mediale" Angebot sei mindestens so gut wie der persönliche Service in den Geschäftsstellen. Man ziehe sich auch keinesfalls zurück aus der Fläche und von der Kundschaft, sondern verändere lediglich das Angebot, medial halt. Für persönliche Bankgeschäfte stünden die umliegenden Filialen in Seefeld, Herrsching und Gilching zur Verfügung. Und zwar künftig von 7.30 bis 19 Uhr durchgehend.

Die Wörthseer Gemeinderäte wollten die Vorteile dieser neuen Strategie einfach nicht einsehen. Dazu kommt auch noch, dass es in der SB-Filiale nicht einmal mehr einen Einzahlautomaten geben wird. Zu störanfällig, meinte der Banker. Die kleinste Büroklammer bringt die Einzahlfunktion zur Strecke, und ist die defekt, klappt auch die Auszahlung nicht mehr. Wo bitte sollen dann die vielen Geschäftsleute mit ihren Einnahmen hin, wo es nicht einmal mehr einen Tag- und Nachttresor gebe, das sei doch ein großes Sicherheitsrisiko, monierte ein Wirt. Ein Gemeinderatskollege brachte es auf den Punkt: "Für Gewerbetreibende ist die Sparkasse in Wörthsee nicht mehr interessant." Hört sich an wie ein Worst-Case-Szenario.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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