Mitten in Weilheim:Wunderbare Wiederbelebung

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Langweilheim? Von wegen. Philipp Geist, international renommierter Künstler, verzaubert mit "Lichtkunst Weilheim" mit eigens entwickelten Projektionen am Marienplatz Pflaster und Passanten

Von Armin Greune

Für die Bürger des Landkreises, die in Starnberg und Herrsching oder südlich davon leben, ist Weilheim so etwas wie ein Outlet-Center für Arme. Hartnäckig hält sich das Vorurteil, dass es sich in der "Metropole" des Pfaffenwinkels viel günstiger einkaufen lässt, als im reichen Fünfseenland - dessen Bewohner ja eher mit weltlichen als sakralen Gütern gesegnet sind. Zudem eilt Weilheim der Ruf voraus, dass dort nach Ladenschluss sogar noch weniger Leben anzutreffen ist, als in Starnberg: Halb so groß wie Wiens Zentralfriedhof aber doppelt so tot, sagen böse Zungen Weilheim nach. Und selbst ihre kulturellen Bannerträger von "The Notwist" bezeugen, dass sie nur deshalb zu musizieren begannen, weil ihnen ihr Heimatort keinerlei sonstige Abwechslung bot.

"Langweilheim": Dieses Wort huschte auch Freitag- und Samstagabend immer wieder über die Fassade des Stadtmuseums. Dabei passte das Etikett weniger denn je: Philipp Geist, dort aufgewachsen und nun international renommierter Künstler, hatte zur ersten Auflage von "Lichtkunst Weilheim" eingeladen. Auf dem Marienplatz verzauberte er mit eigens dafür entwickelten Projektionen Pflaster und Passanten: Museum und die Häuserfront vom Café Krönner - sonst Hort bürgerlicher Biederkeit - erstrahlten in psychedelischen Lichtspielen, dazu erklang elektronische Musik von Geists Jugendfreund Console - auch er ein Kind dieser Stadt. Genauso passgenau auf die Fassade abgestimmt präsentierte auf der Musikschule das spanische Künstlerkollektiv "Slidemania" die Installation "Zeige deine Wunde", zu der live ein orchestraler Soundtrack eingespielt wurde. Im Spiel der Projektionen und Perspektiven öffneten sich auf dem ehemaligen Gefängnis Räume und Ecksteine gerieten ins Zittern. Tausende bestaunten die magischen Illuminationen in der Altstadt - darunter auch zwei Tutzinger, die von der atemberaubenden Aktion noch rechtzeitig Wind bekommen hatten. Die Nachbarn erkannten sich allerdings erst, als sie schon aufeinander geprallt waren, mit weit offenem Mund und großen Augen, die sie nicht von den lebendigen Fassaden lassen konnten.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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