Mitten in Utting:Vom Biber zur Steinlaus

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Braucht es wirklich ein Schutzgitter vor dem Nager? Nein, es gibt viel gefährlichere Feinde

Von Armin Greune

Seit ein Biber mit seinen imposanten Schneidezähnen aufdringliche Erholungssuchende im Würmtal in die Flucht geschlagen hat, sind die Nager im öffentlichen Bewusstsein noch präsenter. Der Uttinger Gemeinderat jedenfalls hätte sich bei der Planung der Hochwasserbecken im Mühlbach fast für den Bau eines "Biberschutzgitters" entschieden. 25 584,97 Euro dürften doch nicht zu viel sein, wenn es gilt, die Bürger vor drei Zentimeter tiefen Bisswunden zu bewahren, oder?

Doch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) riet vom Gitter ab und erklärte, dass diese aus ihrer Sicht überflüssige Maßnahme auch nicht bezuschusst werde. Im Gemeinderat wurden Zweifel an der behördlichen Stellungnahme laut: Gerade erst sei ein Biber aus dem benachbarten Bscher-Weiher überfahren worden, gab Bürgermeister Josef Lutzenberger zu bedenken. Dann war das Gitter also nicht zum Menschenschutz, sondern für die vom Verkehr gefährdeten Biber gedacht? Wieder weit gefehlt: Die nicht ganz billige Konstruktion sollte dem Schutz der Rückhaltebecken dienen, wie Lutzenberger erläutert. Der Biber ist ja dafür bekannt, dass er in Gewässern selbst Dämme und Becken anlegt.

An den Uttinger Flutbecken würde ihm das freilich wenig nützen: Die Deiche würden nur an ein bis drei Tagen im Jahr angestaut - ansonsten sind sie immer trocken, hat das WWA festgestellt. Obwohl dies die Attraktivität für die wassernarrischen Nager doch erheblich einschränken dürfte, ließen sich sechs von 17 Stimmberechtigten nicht beirren und stimmten trotzdem für das Schutzgitter: Karl Sauter etwa meinte, es könnten sich "ja möglicherweise andere Tierchen" einfinden. Wen er gemeint hat, ließ er offen. Gilt es, Uttinger vor blutigen Attacken zu schützen, weil sich im Rahmen des Klimawandels Krokodile am Mühlbach ausbreiten? Oder müssen stark bedrohte heimische Arten wie Feldhamster oder Sumpfschildkröte vom Straßenverkehr abgehalten werden? Wenn es aber um den Bauwerkschutz geht, muss man vor allem ein oft unterschätztes Tierchen im Auge behalten: Nicht umsonst warnte schon Grzimek, pardon Loriot, vor dem gefährlichsten Nager überhaupt: Der Steinlaus, die täglich 28 Kilo Beton in Staub verwandelt.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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