Mitten in Stockdorf:Schleich di mit "Kiss and Go"

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Mundart ist Trumpf. Sogar im Kindergarten wird Dialekt gespochen. Doch nicht alle sehen das offensichtlich so

Kolumne von Sabine Bader

Es lebe die Mundart, ja, es ist einfach schön, wenn Menschen Dialekt sprechen. Jetzt werden viele aufschreien und ungläubig fragen: Was, Sächsisch soll schön sein? Klar, für den Sachsen. "Du bist ä elendorr Kriebel!", sagt er, wenn jemand gemein zu ihm ist. Dem Bayern stellen sich da natürlich die Haare auf. Mit Berlinerisch ist das ganz was anderes. Das klingt fast wohltuend in bayerischen Ohren. "Icke" oder "Jejend" liebt der Bayer geradezu. Dem Bayern steht ein Berliner von jeher näher als etwa der Ostfriese mit seinem "Teebüdel".

Aber eigentlich ist der Bayer sich selbst genug. Er schätzt und pflegt seine Eigenheiten liebevoll - so als könnte jemand sie ihm klauen wollen. Und natürlich, wer sein Heimatland liebt, der kann auch astrein bairisch. Man ist quasi zweisprachig unterwegs: kann das Hochdeutsche nahezu akzentfrei, auch denn man es nicht besonders schätzt. Und spricht das Bairische unter seinesgleichen, oder wenn es gilt, anderen zu zeigen: "Hoppla, jetzt kum i." Auch den Nachwuchs macht man von klein auf mit der bayerischen Mundart vertraut. "Hier lernen die Kleinen bairisch" hieß es bereits 2010 in einem Starnberger Kindergarten, der dafür wirbt, dass man die Kinder zweisprachig betreut. In der Starnberger Schlossberghalle werden Märchen in Mundart gelesen, und der Weßlinger Schriftsteller und Verleger Anton G. Leitner bringt einen Gedichtband heraus, der sich allein der Mundart gewidmet, einer Art Fantasie-Bairisch. Denn er findet: "Mundart klingt und schwingt besser." Alle bemühen sich also nach Kräften, den bayrischen Dialekt zu stärken.

Und dann passiert das: "Kiss und Go!" prangt in großen Lettern auf einem Transparent am Stockdorfer Harmsplatz. Was bedeutet: Liebe Eltern, fahrt Euren Nachwuchs nicht gleich ins Klassenzimmer, sondern lasst ihn vorher aussteigen und die stattlichen 300 Meter zur Schule selbst gehen. Mag ja alles ganz sinnvoll sein. Nur eines ist halt jammerschade: Die Aktion sollte "Bussi und schleich' di!" heißen. Schließlich sind wir in einer Jejend, die Bayern heißt.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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