Mitten in Starnberg:Von alten Regeln und Propheten

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Die Wetterpropheten haben es schwer, nicht nur wegen der vielen Apps, sondern weil des Öfteren bei ihren Vorhersagen daneben liegen

Von Klaus Schieder

Als es noch kein Radio, geschweige denn einen Fernseher gab, waren die Bauern für die Wettervorhersage zuständig. Das war ganz natürlich, denn niemand sonst erfuhr dermaßen am eigenen Leib, was das Klima so zu bieten hat: Regen vom Schütten bis zum Nieseln, Windböen in allen Stärken, Hitzewellen, Schneegestöber. Sie standen auf dem Acker und lernten, das Wetter der nächsten Wochen aus dem Krabbeln eines Kartoffelkäfers oder dem Schwanzwedeln einer Kuh vorherzusagen. Daraus ergab sich im Laufe der Jahrhunderte ein wahrer Schatz an Regeln, die bis heute Gültigkeit haben. Zum Beispiel: Nach oben schau, auf Gott vertrau, nach Wolken wird der Himmel blau. Das ist sehr fein beobachtet. Und auch noch trefflich gereimt.

Heutzutage geht alles viel profaner zu. Egal auf welchem Sender, überall packen die TV-Wetterfrösche die geballten Daten aus Hygrometern und Anemografen, aus Strahlungstransfer- und Chemietransportmodellen in die immer gleichen Bilder mit H und T, mit roten und blauen Zackenlinien, die Azorenhochs oder Islandtiefs oder sonst was symbolisieren sollen. Die Prognosen kommen ohne jede dichterische Ambition daher, gültig nur für drei Tage statt für Jahrhunderte.

Es ist deshalb ein Hoffnungsschimmer, dass immer noch Menschen die Gabe besitzen, das Wetter ohne das ganze meteorologische Brimborium vorherzusagen. Der Haslinger Sepp aus Benediktbeuern ist so einer. Er kann aus dem Wuchs der Königskerze ablesen, wie der Winter ausfällt. Oder auch der Jägerhuber Josef aus Starnberg. Beide kündigten für diese Saison viel Schnee im Landkreis an, der eine schon für November, der andere für Dezember. Und der Januar werde warm, der Februar dafür kalt, sagte Jägerhuber. Nun ja, da sind ihnen wohl die Monate Janember, Dezenuar und Novokter ein wenig durcheinander geraten.

Aber das macht nichts. Sie haben auch schon manchmal Recht behalten und sich damit die Aureole des Geheimnisvollen hart erarbeitet. Und so immer wieder Fernsehteams zu ihnen aufs Land gelockt, die von promovierten Meteorologen keine langfristigen Prognosen erhalten. Wenn es einmal nicht klappt mit der Wintervorhersage, bleiben ja immer noch die uralten Bauernregeln, die immer und ewig gültigen. Eine ganz besonders wahre und zeitlose ist diese: Kräht der Gockel auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder es bleibt, wie's ist.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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