Mitten in Starnberg:Vom Winde verweht

Im Sommer wird der Gerichtssaal zur Sauna. Wenn dann gelüftet wird, können schon mal Akten davon fliegen

Von Christian Deussing

Die Fenster hinter dem Staatsanwalt sind geöffnet. Gerade findet im Amtsgericht Starnberg der Prozess um eine Kneipenkeilerei statt. Frische Luft können die Gehirnzellen gut gebrauchen. Doch plötzlich fliegen Blätter vom Tisch des Anklägers durch den Saal, ein Windstoß hat die Unterlagen weggefegt. Kein Problem, kann ja passieren. Der Staatsanwalt steht auf, hebt die Zettel auf und setzt sich wieder hin. Die Verhandlung geht eher schläfrig weiter, als eine noch stärkere Brise diesmal einen ganzen Stoß von Manuskripten fast bis zu den Verteidigern hinüberwirbelt, die das ganz witzig finden. Abermals bückt sich der Staatsanwalt nach seinen Aufzeichnungen unter den Augen der lächelnden Richterin - und die Protokollantin bietet gnädig ihre Hilfe an. Dem Juristen aber reicht es offenbar: Er schließt zwei Fenster, Problem erkannt und erledigt.

Es gibt im Saal 128 mitunter auch ein anderes Extrem: Die Luft ist oftmals so stickig, dass der Sauerstoff knapp wird. Wenn etwa die Zuhörerplätze in dem nicht gerade großen Sitzungssaal komplett besetzt sind. Dann werden zwar sämtliche Fenster für eine Stoßlüftung geöffnet und die Aktenblätter notfalls mit Gesetzesbüchern gesichert - nun aber können Presslufthammer oder Baggerlärm den Ablauf stören. Die Akustik im Amtsgericht ist ohnehin eine besondere Baustelle: Die Lautsprecher sind so scheppernd, dass Zeugen ihren Aufruf oft gar nicht erst mitbekommen.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: