Mitten in Starnberg:Vom Sitzen und Aussitzen

Oder warum der Beruf der Journalisten nicht nur unbeliebt, sondern sogar "tödlich" ist

Von Claudia Koestler

Jetzt das auch noch: Nicht nur ist Journalist einer der unbeliebtesten Berufe überhaupt, wie das Netzwerk "Career Cast" publizierte. Da landete Journalist auf dem allerletzten Platz von 200 Berufen, noch hinter Holzfäller und Bohrinselarbeiter. Fotojournalisten rangierten immerhin noch auf Platz 188, knapp hinter dem Tellerwäscher. Und jetzt also die ultimative Hiobsbotschaft: Der Journalist betreibe beruflich gar eine "tödliche Aktivität", behauptet der Wissenschaftler James Levine, und zwar täglich, dauernd, viele Stunden lang: das Sitzen. Erschütternd!

Dabei haben wir doch wirklich versucht gegenzusteuern: hie und da mal ein Abstecher ins Café, getarnt als Dienstleistung für die Kollegen, oder eine mehr oder minder freiwillige Jogging-Runde, um die S-Bahn zu erwischen. Doch Sport, oder was man so darunter versteht, kann gar nicht die negativen Effekte langen Sitzens ausgleichen. Sagt der Wissenschaftler. Das Einzige, was gegen langes Sitzen hilft: nicht lange sitzen. Gerade als kulturinteressierter Journalist ist man quasi doppelt gefährdet: Denn was macht man im Konzert, im Kino oder im Kabarett? Sitzen natürlich.

Was also bleibt übrig, um noch ein bisschen länger am Schreibtisch arbeiten zu können? Den Wanderjournalismus ins Leben rufen? Nur von Gipfeltreffen berichten oder zu Stehgeiger-Konzerten gehen und den Musikern auf Augenhöhe begegnen? Den Schreib-Hochsprung erfinden? Ausgiebig kickern? Tja, im Alltag bleibt der schreibenden Zunft wohl letztlich nur eines: Einen anderen Rat für ein langes Leben befolgen und mindestens drei Liter Wasser trinken.

An der Beliebtheit des Berufs wird sich so zwar nichts ändern, aber das Problem müssen wir wohl einstweilen genauso wie der unerschütterliche Holzfäller: aussitzen.

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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