Mitten in Starnberg:Unerreichbares Päckchen

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Wer ein Päckchen bei der Post abholen will, braucht nicht nur Zeit, sondern auch einen Ausweis mit den richtigen Nummer - und gute Nerven

Kolumne von Otto Fritscher

Ja is' denn schon wieder Weihnachten? Dieser Gedanke kommt einem in den Sinn, wenn man am Samstagmittag im Starnberger Postamt in einer schier endlosen Schlange steht, die bis nach draußen auf die Treppe reicht. 18 Menschen vor einem, und nach zehn Minuten 20 Wartende hinter einem. Immerhin, von den drei Schaltern sind zwei besetzt. Die beiden Postler bleiben freundlich, beeilen sich sichtlich, fetzen hin und her, um Pakete und Päckchen zu holen.

Nach gut 25 Minuten ist man an der Reihe, kramt den Ausweis heraus. Seltsam genug, dass man eine Identitätsprüfung bestehen muss, um dieses Zubehörteil für einen TV-Rekorder von Vodafone Kabel Deutschland in Empfang nehmen zu können. Es ist ja schon der zweite Versuch, an das Päckchen heranzukommen. Beim ersten Abholversuch vor drei Tagen hatten die Ausweisdaten nicht mit denen des Versenders übereingestimmt. Gefragt sind Ausweisnummer und das Geburtsdatum.

Diesmal muss es klappen, nach all dieser Warterei und den schier endlosen Telefonaten mit einer überforderten Hotline. Es fängt auch gut an. Der Postler begrüßt seinen Kunden mit Namen und sagt: "Ich hab' Ihr Päckchen schon gesehen." Wenn das kein freundlicher Service ist. Aber der Postcomputer sagt erneut, dass es offenbar einen Menschen mit dem selben Namen an der selben Adresse, aber mit anderem Geburtsdatum oder anderer Ausweisnummer geben muss. Was aber ziemlich unwahrscheinlich ist.

"Wir kennen uns jetzt schon seit 30 Jahren, aber ich kann den Computer nicht überlisten. Und ich könnte ja jetzt sagen, nehmen's des Packerl und laufen schnell davon", sagt der Postler und lacht. Nun ja, das traut man sich dann doch nicht. Alle guten Dinge sind drei, und das Päckchen liegt bestimmt bald wieder auf dem Tresen. So nah, und doch unerreichbar fern. Bis Weihnachten wird's schon klappen. Aber die Schlange im Postamt wird bestimmt nicht kürzer.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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