Mitten in Starnberg:Sommer in der Stadt

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Eigentlich ist der November ein ruhiger Monat in der Stadt. Nicht aber, wenn er sich so warm gibt wie an diesem Wochenende

Von Wolfgang Prochaska

Ein Sonntag im November ist eigentlich ein ruhiger, grauer Tag. Auf der Seepromenade nur wenige Spaziergänger, die Starnberger Straßen so leer und frei, als gäbe es gleichzeitig Tunnel und Umfahrung, kein Stress, kein Gehupe. Schöne Stille. Ein November-Sonntag in diesem Jahr schaut so aus: Die Seepromenade ist voller Ausflügler, die Straßen sind verstopft, die S-Bahnen überfüllt, die Parkplätze besetzt. Und überall Gehupe und Lärm. Man ist gestresst wegen der Staus. Tatsächlich reicht die Autoschlange bis zur Autobahn und zieht sich durch die ganze Stadt. Man muss es einfach sagen: Es ist wie im Sommer! Und man will es nicht wahrhaben, obwohl der Sommer ja eigentlich die Jahreszeit ist, die man sich ersehnt und die ewig dauern möge, aber man erwischt sich bei dem Gedanken: Jetzt reicht es, es ist die Hölle!

Eine Sehnsucht nach unschöner Kälte keimt auf, sogar nach Grau in Grau. Man schaut verwundert dem Schwimmer nach, der gerade ins Wasser vor dem Undosa gesprungen ist und locker seine Bahnen krault, Freudenschreie ausstößt, und flüchtet vor dieser verrückten Wärme, die manchem den Verstand zu rauben scheint. Keine Chance auf Melancholie. Doch dann landet man, wie zur Versöhnung, vor einem Eisgeschäft, denkt daran, dass es wohl das letzte Eis in diesem Jahr ist, und schleckt genüsslich die doppelte Portion weg.

Inzwischen ist auch wieder der Badende aus dem Wasser gestiegen, er fröstelt, wahrscheinlich hat er nur Kälte gesucht angesichts dieses Novembersommers, vielleicht sogar Ruhe und Stille, denn den See hat er schließlich für sich allein. So fügt sich alles zu einem versöhnlichen Sonntagsbild, und weil sehr früh die Sonne untergeht und eine Frische über das Wasser zieht, leert sich sehr schnell Promenade und Stadt - und dann ist Ruhe und Herbst!

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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