Mitten in Starnberg:Königliches Tattoo

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(Foto: E.ON Energie Deutschland GmbH)

Was würden Sisi und Ludwig II. wohl heutzutage tun? Selfies von sich und ihren tätowierten Armen schießen, will die Werbung glauben machen

Kolumne von Otto Fritscher

Einmal im Jahr haben sie ihren großen Auftritt: die Königstreuen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass Bayern wieder von einem derer aus dem Hause Wittelsbach regiert wird. Das bekunden sie regelmäßig, wenn in der Votivkapelle im Berger Schlosspark am Starnberger See alljährlich des Todestages von Ludwig II. am 13. Juni 1886 gedacht wird. "Dann wäre alles besser", sagen sie, aber es bleibt nebulös, was denn alles besser wäre, wenn kein Markus und keine Angela, sondern ein Nachfahre von Ludwig zwei am Ruder wäre. Oder gar der Märchenkini selbst, so er denn wiederauferstehen könnte.

Eine Kreativagentur kann da natürlich vollmundiger auftreten, denn Ludwig II. und Kaiserin Elisabeth von Österreich, seine Sisi, eignen sich zu jeder Jahreszeit als Werbe- und Sympathieträger. Das muss sich zumindest das Energieunternehmen Eon gedacht haben. Es gab der Agentur den Auftrag herauszufinden, wie Sisi und Ludwig heutzutage leben würden, vor allem in Bezug auf Technik und Umwelt. Die Antwort überrascht wenig: Der technikbegeisterte Ludwig würde auf den Dächern seiner Schlösser Solaranlagen bauen lassen, und damit Vorbild sein für andere Regenten, die ihre Schlösser so aufrüsten könnten.

In der Werbekampagne treffen sich Sisi und Ludwig vor der Kulisse von Neuschwanstein, sie wollen - mit Solarzelle in der Hand - ein hübsches Selfie zu schießen, "um ihre Erlebnisse mit befreundeten Herzögen und anderen Adeligen auf Instagram und Facebook zu teilen", so die Kreativen. Man mag dies für lustig oder Mumpitz halten, ein Blickfang sind die beigestreuten Fotos doch: Sisis Schultern und Arme sind mit Tattoos bedeckt. Darin steckt ein Körnchen historische Wahrheit. Sisi hatte tatsächlich eine Tätowierung, auf der Schulter einen Anker als Symbol dafür, dass sie das Reisen liebte. Kaiser Franz Joseph war nicht amused, wie Sisis Tochter Marie-Valerie damals in ihrem Tagebuch festhielt.

© SZ vom 11.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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