Mitten in Starnberg:Internet statt Thermometer

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Wie warm oder kalt der Stranberger See ist, weiß der Bademeister nicht. Da muss er erst im Internet nachschauen

Von Otto Fritscher

Ein bisschen Toktok dringt von der Baustelle schon herüber, aber dennoch ist es hier ein herrlicher Ort zum Ausspannen und Entspannen. Auch wenn die Ufermauer an manchen Stellen nicht auf dem allerneuesten Stand ist. Kenner der Materie wissen nun sofort, dass es sich nur um das Starnberger Strandbad handeln kann, das gerade vom Wasserpark zum Seebad aufgehübscht wird. Die Saunahütten mit direktem Seezugang sind schon zu erahnen, aber was braucht's solch künstliche Hitze im Sommer, wenn die Sonne lacht, und zudem der Eintritt ins Strandbad wegen der Baustelle in dieser Saison noch frei ist.

Es ist ein gemütliches Bad. Das Eis holt man sich aus der Tiefkühltruhe selber und geht dann zum Bezahlen rüber an den behelfsmäßigen Kiosk. Es ist einfach noch zu ruhig, um eine eigene Eis-Bedienung in die kleine Bude zu stellen. Eine kleine Besonderheit haben sich die Verantwortlichen noch einfallen lassen: Die vier schönen bunten Mülltonnen sind zwar optimal für die Mülltrennung, aber leider ist der einzig erreichbare Abfalleimer der beim Kiosk, und hier wird nichts getrennt, sondern einfach weggeschmissen. Die Bunt-Eimer stehen nämlich auf einem abgesperrten Teil der Liegewiese, auf dem offenbar frisches Gras ausgesät worden ist. Was soll's, es ist ja noch genug Platz.

Auch die Stehpaddler sind schon wieder da, ziehen langsam ihre Bahn auf dem Wasser. Die Lust, selbst zum Paddel zu greifen, steigt, gebremst nur von einer Frage: Wie kalt ist denn der See, wenn man reinfällt? Dafür gibt es ja den Bademeister, den man fragen kann. Also flugs hin zu seinem Stand, der junge Mann legt die Stirn in Falten. "Wie warm der See ist? Da muss ich erst mal nachschauen." Wie bitte - nachschauen, wo denn? "Ja im Internet!" Ach so. Früher, in der analogen Zeit, haben die Bademeister die Temperatur noch selbst gemessen, vom Steg aus, oder so. Vielleicht sollte man ihnen einfach ein Wasserthermometer schenken. Immerhin, der See ist noch real - egal wie warm oder kalt.

© SZ vom 23.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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