Mitten in Starnberg:Hommage an den Regen

Das Wasser vom Himmel ist nicht gerade beliebt. Das hat der bayerische Regen nicht verdient

Kolumne von Korbinian Eisenberger

Gut, dass Wassertropfen sehr wahrscheinlich keine Gefühle haben. Ansonsten müssten sie einem leid tun. Weil die Menschen gefühlskalte Sachen zu ihnen sagen, wenn sie über dem Bayernland hinab fallen: Sauwetter, zum Beispiel, oder Niederschlag. Kaum hat es mal zwei Tage geregnet, schon hört man die Leute schimpfen. Wäre man halt doch lieber drunten z'Spanien geblieben. Oder in Frankreich. Selbst wenn die immer noch kein g'scheites Bier brauen: Viele mögen lieber einen Mistplempe im Glas als ein Sauwetter über dem Kopf.

Zu harte Urteile für französische Bierbrauer und hiesige Regentropfen. Der bayerische Regen jedenfalls hat das nicht verdient. Zumindest jetzt nicht mehr, wo er mit all seiner Nässe endlich hinter den Wolken hervorgekrochen ist. Seit Tagen gibt er nun sein Comeback. Mit seinen warmen Sommertropfen und ihrem süßen Duft. Endlich ist das Schweißfuß-Aroma aus der Nase. Endlich wieder das Trommeln auf den Blechdächern, wie feine Klavierklänge nach einem nimmer enden wollenden Disco-Rave.

Gut, manchmal regnet es heftiger, dann klingt es eher nach Orgelpfeifen in einer Kirche. Und so ist es sicher kein Zufall, dass sich Regen auf Segen reimt. Fast möchte man ein Stoßgebet nach oben rufen. Herr, lass' Regen vom Himmel regnen. Nichts Besseres kann Natur und Mensch in diesen Tagen passieren. Die Seen in der Region erinnern jetzt nicht mehr ganz so sehr an Unkenpfuhle. Man kann jetzt wieder hineinhüpfen, ohne danach wie eine suhlfreudige Wildsau ans Ufer wanken zu müssen. Vielleicht ist Sauwetter gar nicht so ein geschertes Wort. Wo doch der eigentliche Niederschlag das Wildsauwetter ist.

© SZ vom 03.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: