Mitten in Starnberg:Frei erfundene Wahrheiten

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Die Stadt vergibt wieder einen Kunstpreis - und macht daraus ein großes Geheimnis. Aus Versehen werden nicht einmal die Jury-Mitglieder angefragt, ob sie dabei sein wollen

Kolumne von Peter Haacke

Geteilt, geliked und immer wieder hochgespült: Seit es soziale Netzwerke gibt, die selbst abstruseste Meldungen verbreiten, weiß man kaum noch, was man glauben soll. Stichwort: Fakenews. In Windeseile sind Sachen in der Welt und auch nur schwer wieder aus den Köpfen der Leute herauszubringen. Etwa die Geschichte mit den Katzen, die im Einmachglas gezüchtet werden, um sie zu formen. Oder dass Aldi, Lidl und DM ihre Filialen in Fürstenfeldbruck schließen, weil die Kunden klauen wie die Raben. Einen Sturm der Entrüstung entfachte auch die Mitteilung, dass die Sommerferien im Landkreis Miesbach eine Woche kürzer sind, weil die Schüler wegen der Schneefälle tagelang frei hatten und der versäumte Stoff nachgeholt werden muss. Dem Leser sei ausdrücklich versichert: Alles erstunken und erlogen!

Gleichwohl gibt es zuweilen auch Zweifel am Wahrheitsgehalt von Meldungen seriöser Medien. So glaubte etwa Stefanie Pietsch, Siegerin des "Starnberger Kunstpreises für Malerei" der Jahre 2013 und 2017, an einen Fehler, als sie las, sie sei dieses Jahr auf Beschluss des Kulturausschusses Mitglied der Kunstpreis-Jury. Prompt meldete sich die Künstlerin: "Liebe Redaktion, auf folgenden Fehler möchte ich aufmerksam machen: Es wurde behauptet, ich sei in der Jury. Da wissen Sie wohl mehr als ich." Tatsächlich. Die Stadt hatte die Preisträgerin zuvor nicht angefragt. Erst zehn Tage später des Rätsels Lösung: "Nachdem der Kulturausschuss über die Zusammensetzung der diesjährigen Jury entschieden hat", teilt Starnbergs Kulturamtsleiterin Annette Kienzle mit, "frage ich nun offiziell an, ob Ihr Euch am 26. September für die Jurysitzung Zeit nehmen würdet." Aha! Offensichtlich wussten die Jury-Mitglieder noch gar nichts von ihrem Glück, als der Ausschuss sie benannte.

Übrigens: Keine Fakenews sind, dass es in der chronisch überlasteten Starnberger Stadtverwaltung manchmal nicht so läuft, wie es eigentlich laufen sollte. Und zutreffend ist auch die Ankündigung von Kulturamtsleiterin Kienzle, dass sie nach langen Jahren im Dienst der Stadt "Starnberg am 1. August verlassen und neue Wege beschreiten wird". Frei erfunden dagegen ist, dass sie sich allein deshalb dazu entschloss, weil ein WPS-Stadtrat im Kulturausschuss vorgeschlagen hatte, einen Hund in die Kunstpreis-Jury zu berufen.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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