Mitten in Starnberg:Findet Zero

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Wer ist der unbekannte Sprayer? Einer mit "Null Bock"? Oder "Null Peilung"?

Kolumne von Peter Haacke

Es ist immer wieder erstaunlich, welch künstlerische Fähigkeiten in Heranwachsenden reifen: Von jungen Jahren an in Krippe, Kindergarten und Grundschule darauf dressiert, kreativ mit alltäglichen Gegenständen zumeist banale Kunstwerke zu schaffen, findet sich dieser Drang auch in den Jahren der Pubertät. Allerdings entstehen in dieser meist als schwierig geltenden Phase der Adoleszenz nicht nur Kunstwerke, die Lob provozieren, sondern zuweilen auch Zeugnisse der Selbstverwirklichung, die allerdings im strengen juristischen Sinne den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllen.

Insbesondere mit Entdeckung der Farbspraydose entfalten einige Jugendliche unter Einfluss massiver Hormonschwankungen, die mit dem Umbau des Gehirns einhergehen, ungeahnte Kreativität. So verzierte etwa im Sommer ein bislang Unbekannter wiederholt die geweißelte, barrierefreie Unterführung am Nepomukweg in Starnberg mit kryptischen Botschaften. Das ging solange gut, bis Bürgermeisterin Eva John auf Verstärkung aus dem Jugendzentrum setzte und die Unterführung mit richtigen Graffiti verzieren ließ.

Doch in der Kreisstadt, die ohnehin von Problemen verschiedenster Art gebeutelt ist, gibt es viele Flächen, die sich für künstlerische Exzesse anbieten. In sozialen Netzwerken etwa wird von einem "Zero" berichtet, der mit roter Farbe schon allerlei Hauswände verziert hat - zum Kummer der Eigentümer, die den dilettantisch anmutenden Werken mit frischer Farbe zu Leibe rücken. Quer durch die ganze Innenstadt - bevorzugt auf Wänden oder Verteilerkästen - zieht sich der Schriftzug von "Zero".

Was aber mag uns der rätselhafte "Zero" - also das englische Wort für "Null" - sagen? Dass er "null Bock" hat auf weiße Wände? Oder "null Ahnung", was er Gescheiteres tun könnte? Oder empfindet er sich in seinem Dasein womöglich selbst als "Null"? Wäre dann sein künstlerisches Wirken nicht ein Hilfeschrei, der tiefer sozialer Verwahrlosung entspringt? Oder ist es substanzielle Kritik an den politischen Verhältnissen Starnbergs, die ihn treibt? Man weiß es nicht. Die Antwort darauf kann nur lauten: Findet Zero! Und zwar schnell. Die Polizei als "Freund und Helfer" jedenfalls freut sich schon sehr darauf, "Zero" endlich auch mal persönlich kennenzulernen.

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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