Mitten in Starnberg:Das Schaf unter den Schafen

Die etwas dusseligen und arglosen Paarhufer wecken den Beschützerinstinkt. Ein Exemplar hat nun um das Tier besorgte Bürger und die Polizei auf den Plan gerufen

Kolumne von David Costanzo

Das Schaf gehört nicht gerade zu den Tieren, die von sich behaupten können, im Besitz eines untadeligen Leumunds zu sein. Doof, dusselig und so arglos, dass es sich selbst an einem Wolf nicht weiter stört, der sich bloß den Pelz seines Artgenossen übergezogen hat. Der gute Hirte muss in der Bibel sogar seine 99-schafköpfige Herde zurücklassen, um das eine Tier zu suchen, das es nicht einmal vollbracht hat, seinen Artgenossen hinterherzutrotten, sondern falsch abgebogen ist. Diese Schlichtheit auf Paarhufen weckt nun einmal den Beschützerinstinkt. Mäh!

Nur so ist es zu erklären, dass ein einziges Schaf in Starnberg die Polizei und zahlreiche um das Tier besorgte Bürger auf den Plan gerufen hat. Einer von diesen hat am Montag gegen 17.30 Uhr die Inspektion alarmiert, weil neben der Kreisstraße zwischen den Ortsteilen Perchting und Landstetten ein Exemplar stand. Als die Beamten einen Bauern in der Nähe informierten, winkte der gleich ab. Ihn hatten schon einige Anrufe wegen des Tiers erreicht. Doch das Kamerunschaf - als das es offenbar ein Taxonomiker längst klassifiziert hatte - gehöre ihm nicht. Vom Eigentümer fehlt jede Spur.

Dass die Polizei es bislang auch nicht geschafft hat, das Tier einzufangen, muss die Beamten nicht grämen. Die kastanienbraunen Kamerunschafe gelten nämlich als unkompliziert und kälteresistent, aber auch als stets zur Flucht bereit und ängstlich. Sozusagen das Schaf unter den Schafen. Wie auch immer die Sache ausgeht, eines ist jetzt schon klar: Die felllose und sehr kurzhaarige Züchtung wird völlig ungeschoren davonkommen.

© SZ vom 05.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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