Mitten in Starnberg:Das Paradies an der Ruine

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Von wegen teuer: Heuer ist das Badevergnügen im Wasserpark kostenlos

Von Gerhard Summer

Die großen Philosophen der Antike haben sich zum Glück auch Gedanken über eine Sache gemacht, die inzwischen leider kaum noch der tiefgründigen Betrachtung für wert befunden wird: über das Baden. Von Heraklit beispielsweise ist der schöne Spruch überliefert, dass man nicht zweimal ins selbe Gewässer steigen kann. Was selbstredend völlig richtig ist und auch heute noch gilt, ob für die Nordsee, die Fuscher Lacke oder die Würm. Aber im Falle des Starnberger Strandbads gibt es neuerdings noch eine andere Wahrheit: Wer hier ein- oder zweimal ins Wasser steigt, wird milde gestimmt ans Ufer kommen.

Das hat vor allem damit zu tun, dass der sonst gern gescholtenen Stadt ein bemerkenswertes Baustellen-Management gelungen ist. Das Hallenbad wird zwar für grob geschätzt 30 Millionen Euro und mit Geräusch saniert, aber trotzdem geht der Badebetrieb wie gewohnt weiter, nur ein Stück nach links versetzt. Alles ist fast so wie immer, nur vielleicht ein wenig lauter: Der Kiosk hat Wiener, Pizza und Riesenschlangen im Angebot. Es gibt zwei Tischtennisplatten, eine im Sand, eine auf dem Rasen. Die Bademeister verleihen Schläger und Bälle gegen ein kleines Pfand. Die Boccia-Spieler spielen wie immer Boccia. Und ledrige Starnbergerinnen schlürfen auf dem Steg Hugos. Aber das Allerbeste ist: Der Eintritt in dieses Paradies an der Wasserpark-Ruine ist frei. Ja genau: gratis, umsonst, geschenkt! Und das in Zeiten, da jeder versucht, irgendwo noch ein paar Euro rauszuschinden. Das ist fast schon ein Wunder, und es könnte auch die Nörgler zum Nachdenken bringen, die sonst gern und womöglich zu Recht Bürgermeisterin Eva John am Zeug flicken.

Klar ist: Hätte John das Strandbad dicht gemacht, wäre ein Aufschrei durch die Stadt gegangen. Das wäre so etwas wie ein Anschlag auf die Demokratie gewesen, die im Sommer nichts nötiger hat als Abkühlung, Müßiggang und Mückenstiche. John hätte ihren Hut nehmen können, oh ja, Boccia-Spieler hätten sie kugelschwingend aus dem Amt gejagt und die halbe Stadtverwaltung hinterher. Nächstes Jahr täte die Bürgermeisterin deshalb gut daran, noch eine Wohltat draufzupacken, denn man kann nicht zweimal ins gleiche Gewässer steigen.

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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