Mitten in Starnberg:Barthels Briefkästen

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Wie gut, dass sich jemand in Berlin um die Schneckenpost kümmert

Von OTTO FRITSCHER

Es ist gut, dass es Menschen gibt, die sich der Alltagssorgen der Bürger annehmen. Andererseits sind sie ja auch dafür gewählt, wie etwa die Politiker auf jeglicher Ebene. Einer, der das vorbildlich macht - zumindest wenn man der Zahl der Presseaussendungen glauben darf - ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, der für die Sozialdemokraten den hiesigen Bundestagswahlkreis im fernen Berlin vertritt, und dort auch noch stellvertretender Vorsitzender im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie ist. Seine Fans wissen aber, dass ein Hauptaugenmerk der Kommunikation gilt, und das nicht nur in Form des Breitbandnetzausbaus, sondern auch in Gestalt der guten alten Schneckenpost. Die statt digitaler Mailboxen noch Briefkästen unterhält, diese gelben Dinger, die ab und an am Straßenrand zu finden sind. Die Post will nun etliche Briefkästen sonntags nicht mehr leeren, nur noch in Starnberg, aber nicht mehr in zehn anderen Kommunen des Landkreises. "Wer samstags einwirft, hat vor Dienstag keine Chance auf Zustellung. Das sind drei Tage!", hat Barthel ausgerechnet. Schlimm, schlimm! Wo doch die Vorschrift von "E plus 1" (Einwurftag plus einen Tag) spricht. So hat Barthel die Post angemahnt, und da diese sich hartleibig zeigt, die Bundesnetzagentur eingeschaltet.

Doch gemach: Mit der Post ist es irgendwie so ähnlich wie mit der S-Bahn, oder den Regionalbussen im Landkreis Starnberg. Gefühlt häufen sich die Zugausfälle und die Pannen zu immer neuen Gipfeln, aber in der Verspätungsstatistik ist das alles halb so wild. Und auch wenn die Busse in der Kreisstadt und im gesamten Landkreis jeden Abend nach eingehender Beobachtung allermeist leer oder bestenfalls mit einer Handvoll Personen durch die Gegend rumpeln, wird in der Statistik von einer geradezu phänomenalen Auslastung die Rede sein. Wetten? Hinrechnen kann man sich ja irgendwie alles, auch wenn es den Erfahrungen der S-Bahn-Fahrer und der Buskapitäne widerspricht, die sich selbst durchaus als einsame "Geisterfahrer" fühlen. Und ob die Briefkästen nun am Sonntag oder Montag geleert werden, nun ja, mein Gott, da wird die Welt nicht untergehen. Dafür sorgt schon der liebe Herr Barthel in Berlin.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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