Mitten in Starnberg:Allgemeine Verunsicherung

Post haben auch VW-Besitzer vom Werk erhalten, die gar nicht von dem Abgas-Schwindel betroffen sind

Von Peter Haacke

Fahren Sie Auto? Möglicherweise einen Diesel? Im ungünstigsten Fall gar ein Fahrzeug jenes Konzerns mit dem Wolf und der Burg im Firmenlogo? Ein Wagen fürs Volk also, der wegen manipulierter Abgaswerte in die Schlagzeilen der Weltpresse geraten ist? Dann haben Sie dieser Tage sicher Post vom Vertragshändler Ihres Vertrauens bekommen: Einen "Infoletter" und ein vom Chef des örtlichen Autohauses unterzeichnetes, höfliches Anschreiben, in dem es heißt: "Wer einen Fehler gemacht hat, sollte sich entschuldigen. ( . . . ) Wir alle wissen: Mit Entschuldigungen allein gewinnt man kein Vertrauen zurück, sondern indem man Lösungen erarbeitet."

Das klingt doch ordentlich, fast wie eine Pressemitteilung aus dem Starnberger Rathaus. Zumal der Konzern nicht mit Worten, sondern mit Taten alles tun will, um den Fehler wieder gutzumachen - ganz unabhängig davon, welches Modell dieser Automarke man nun fährt. Das Schreiben betrifft Besitzer eines Dieselmotors der Baureihe EA 189 mit 1,2 oder 1,6 oder 2 Liter Hubraum, die umgerüstet werden können. Doch vielen ist dabei schon ganz schwummerig; manch einer weiß nicht mal, ob sich der Motor vorn oder hinten befindet, geschweige denn, was ein Hubraum eigentlich ist oder wie weit das Auto hupt. Und dann dieses EA 189. Klingt fast wie EAV - Erste Allgemeine Verunsicherung.

Sicherheitshalber wurden deshalb alle Eigner dieser Marke angeschrieben, die zur Überprüfung im Internet ihre "Fahrzeugidentifizierungsnummer" eingeben sollen. Spätestens jetzt werden viele Verunsicherte erleichtert feststellen: Ah, ich bin gar nicht betroffen! Zweifelsohne aber werden Besitzer benzinbetriebener Autos auch fragen: Warum haben die mir überhaupt geschrieben?

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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