Mitten in Gilching:Das Schweigen der Kinder

Lesezeit: 1 min

Kinderlachen? Fangermandl? Heute nicht im BIV-Kindergarten, und morgen auch nicht. Die Erzieherinnen streiken. Zu Recht.

Von Patrizia Steipe

Heute ist es still nebenan im Gilchinger BIV-Kindergarten und in der Krippe. Die Erzieherinnen und der einzige Erzieher streiken. Kein "aus der Bahn, Kartoffelschmarrn", kein fröhliches Kinderlachen, kein Fangermandl, keine überbordenden Lebensfreude der Kleinen. Aber was auch fehlt im Nachbarsgarten: die stets gut gelaunten Erzieherinnen. Sie gehen bei jedem noch so schlechten Wetter mit den Gruppen in den Garten. Sie bauen Schneemänner mit den Kindern. Bei Regen trainieren sie das selbständige Anziehen von Gummistiefeln und Matschhosen. Sie ermuntern, loben, bestärken die Ängstlichen und passen auf, dass kein Kind ausgegrenzt wird. Da wird der Spaziergang mit den Krippenkindern in den Garten zur Lehrstunde. Ein Spinnennetz wird begutachtet. Dazu gibt es gleich einen Abzählreim und ein passendes Lied. Einer der Buben aus der wilden Vorschulgang testet regelmäßig seine Grenzen aus. Auch beim gefühlt tausendsten "hör auf", "leg das weg", "halte dich an die Regeln" bleiben die Erzieher zwar streng, aber geduldig, erklären und lassen die Kinder auch untereinander Lösungen finden. Anschreien oder Schlimmeres - das gibt es bei dieser professionellen Erziehungsarbeit nicht. Jede Mutter hätte wahrscheinlich schon längst einen Schreianfall bekommen. Und dann gibt es natürlich immer wieder Tränen, die getrocknet, Streite, die geschlichtet und unsoziales Verhalten, das in die richtigen Bahnen gelenkt werden muss. Von "Basteltanten", "Sonnen im Garten", "Kaffeeklatsch" und wie die ganzen Vorurteile gegenüber Kindergärtnerinnen so lauten, keine Spur. Es ist richtig, dass sich die Erzieher gegen die geringe Wertschätzung in der Gesellschaft wehren und dass sie eine angemessene Entlohnung möchten. Die Arbeit ist anstrengend, fordernd, gesellschaftlich immens wichtig. Sie ist eine dringend notwendige Unterstützung für die Eltern mit ihren vielfachen Sorgen und Anliegen. Eltern können sich darauf verlassen, dass sie in den Betreuern ihrer Kinder kompetente und einfühlsame Ansprechpartner finden. Heute und morgen aber bleibt der Garten leer.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: