Mitten in Gauting:"Sweetgums" für Verkehrsinseln

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Warum die Würmtalgemeinde neuerdings ihre Vorliebe für Kaugummi entdeckt hat

Kolumne von Astrid Becker

Wahrlich, wir leben in finsteren Zeiten. Was früher schick war, ist jetzt vollkommen out. Viele dieser angesagten Dinge kamen einst aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Also aus Amerika. Nein, die Rede ist hier nicht von Dieselautos, Wein, Zahnbürsten oder Einwegrasierern. Denn all das kaufen die Deutschen ja noch immer gern aus den Staaten, behauptet zumindest das Statistische Bundesamt. Schlechter ist es demnach aber um den Kaugummi bestellt. So geht der Absatz dieser früher vorzugsweise aus den USA stammenden Süßigkeit hierzulande zurück - und das, obwohl dem Zeug allein durch die Bewegung der Kaumuskulatur eine anregende und konzentrationssteigernde Wirkung nachgesagt wird. Also eine Denkhilfe, die wohl jeder irgendwann mal gebrauchen kann. Nicht nur Präsidenten oder Rathausmitarbeiter, Bürgermeister und Gemeinderäte, wenn sie sich auf schwierige Sitzungen vorbereiten müssen.

In Gauting ist man sich dessen offenbar recht bewusst. Wie sonst wäre es zu erklären, warum sich die Gemeinde ausgerechnet für Amerikanische Amberbäume als Bepflanzung für die beiden neuen Verkehrsinseln an der Münchener Straße/ Ecke Frühlingstraße entschieden hat? Klar, dieses Gehölz besticht durch seine Fähigkeit, mit extremer Trockenheit gut zurechtzukommen die, laut Gemeinde, durch den Klimawandel, recht häufig auftritt - was sich aber noch nicht bis zur laufend überschwemmten Ammerseeunterführung herumgesprochen hat.

Es ist auch nicht die Tatsache, dass die Indianer einst diesen Baum anritzten, um aus dem Saft, der aus der Wunde tröpfelt, quasi das Trainingsgerät für ihre Kaumuskeln zu gewinnen. Deshalb heißt dieser im Herbst recht farbenprächtige Baum auf den beiden Gautinger Verkehrsinseln übrigens nicht nur Amerikanischer Amberbaum, sondern auch "Sweetgum". Geheime Pläne, nun als Gemeinde in die Produktion von Kaugummi einzusteigen, um so die marode Finanzlage aufzubessern, soll es aber dennoch nicht geben.

Aber der Effekt, den Kaugummikauen erzeugt, könnte schon im Interesse Gautings liegen. Also die Konzentration und Aufmerksamkeit von Bürgern und Lokalpolitikern zu steigern. Nicht auf Neubauten, Fassadengestaltungen und Verkehrsprobleme, sondern auf Wichtigeres. Auf Amberbäume oder auf blühende Stauden außen herum. Was nur eines bedeuten kann: Das Rathaus will von finsteren Zeiten ablenken. Deshalb will es beweisen, dass es nicht nur in Amerika noch ein paar schöne Dinge gibt. Sondern auch in Gauting. Selbst wenn das nur ein paar bunte Pflanzen sind.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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