Rein akustisch lässt sich der Sommer in zwei Kategorien teilen: schön und nicht schön, dazwischen gibt es eigentlich nichts. Nicht schön ist zum Beispiel das Geräusch laufender Rasenmäher und Kettensägen, grundsätzlich motorisierter Gartenwerkzeuge. Außerdem motorisierter Verkehr und natürlich streitende Familien, wie sie zuhauf draußen unterwegs sind. Schön, ja geradezu wie Musik erklingt indes Meeresrauschen, zartes Vogelgezwitscher oder auch die Eisglocke im Gautinger Sommerbad - zumindest im kindlichen Ohr.
Solange der Bäcker Wigbert Cramer hier sommers sein selbstgemachtes Bio-Eis verkauft - und das sind schon ein paar Jahre -, dürfen gewillte Kinder alle paar Stunden mit einer Bimmelglocke durch das Handtücher-Labyrinth streifen, um auf die kalte Köstlichkeit aufmerksam zu machen. Der Eismann freilich weiß, dass deshalb niemand eine Kugel Eis mehr kauft, die Kinder aber einen Riesenspaß haben, vor allem weil sie nach ihrer Runde eine Portion "Probeschlecken" dürfen. Jetzt hat sich ein Anwohner über die Bimmelglocke beschwert, die aus dem monotonen Freibadlärm heraussteche - und zwar in der Kategorie nicht schön.
Die Kinder laufen nun also nurmehr mit einer tonlosen Eis-Fahne über die Liegewiese. Dass Eisverkäufer mit einer Glocke oder Hupe auf sich aufmerksam machen, werden sie nurmehr im Urlaub erleben und in ihren Erlebnisaufsätzen als Höhepunkt verarbeiten, später dann womöglich in Erörterungen: Thema: "Das Bimmeln einer Eisglocke: Belästigung der Nachbarn oder verträgliches Sommerritual?" Wieso hat eigentlich noch niemand die Rasenmäher und Kettensägen abgeschafft - und ja, die streitenden Familien? Neuerdings sind auch die Krähen abends in der Siedlung lauter als sonst. Was tun? Tief durchatmen. Denn mal ehrlich: Unterm Strich ist es ein doch ganz erträglicher Sound des Sommers, der da über uns hinwegschwappt. Auch ohne Meeresrauschen.