Mitten in Gauting:Augenglas am Einkaufswagen

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Das mit den Lesebrillen ist schwierig. Wenn man sie braucht, hat man sie meist nicht zur Hand

Von Blanche Mamer

Für das kleine Mädchen war es immer etwa Besonderes, wenn der Opa sich an den Küchentisch setzte, das Regionalblättchen ausbreitete, seine Lesebrille aus der Tischschublade hervorholte und die Seite für die Bauern aufschlug. Noch während er die Preise des letzten Viehmarktes für Ferkel oder Fleckvieh durchging und sich gerne dabei aufregte, rutschten seine Augengläser, wie er sagte, zur Nasenspitze hin, sehr zum Vergnügen seiner Enkelin. Sobald er die Lektüre beendet hatte, legte er die Brille wieder sorgfältig zurück in die Schatulle in der Schublade. Das war der feste Aufbewahrungsort und der Opa fand die Gläser ohne hinzusehen.

Das ist schon lange her. Das Mädchen ist längst groß, alt und braucht heute selbst eine Lesebrille. Eine? Nein, drei! Eine liegt auf dem Nachtkastel, eine auf dem Küchenbuffet und eine befindet sich in der Handtasche. Trotzdem passiert es, dass die Frau unterwegs ohne Brille dasteht, das Etui leer ist oder unauffindbar in den Tiefen der Handtasche. Egal. Keine Brille, kein Einkauf. Denn ganz gleich, wie stark sie die Augen zusammenkneift, alles Gedruckte wird zu einem grauschwarzen Geflimmer. Bleibt nur zu hoffen, dass daheim wenigstens eine Brille an ihrem angestammten Platz zu finden ist.

Es scheint indes, dass sie nicht die Einzige ist, die ihre Brille vergisst. Findige Betreiber eines Drogeriemarktes in Gauting hatten eine wirklich gute Idee: Sie montierten Lupen an die Einkaufswagen. So kann jede Kundin und jeder Kunde genau sehen, was er kauft und welche Zusatzstoffe beispielsweise in den Haarshampoos oder Mückenstichsalben enthalten sind. Das wäre sicher auch nach dem Geschmack des Opas gewesen, so es damals schon Drogeriemärkte und Einkaufswagen gegeben hätte.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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