Mitten in Feldafing:Grüß Gott mit Akzent

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Die Flüchtlinge gewöhnen sich schnell an hiesige Gebräuche

Von otto fritscher

Manchen Zeitgenossen fällt es ja schon schwer, sich daran zu gewöhnen, dass ihr angestammter Sitzplatz im Bus mal belegt ist. Oder dass es statt einer Vollkornsemmel mal ein Baguette zum Frühstück gibt. Wie schwierig es da erst ist, sich in fremde Kulturen einzugewöhnen, kann man nur erahnen. Doch wie anpassungsfähig der Mensch ist, wenn man ihn an die Hand nimmt und ihm etwas Anleitung gibt, lässt sich an den Asylbewerbern sehen, die in Feldafing gelandet sind.

Eine Hundertschaft junger Männer aus Afghanistan, Eritrea und anderen Ländern hat die ehemalige Diamantschleiferei bezogen und sich dort so häuslich eingerichtet, wie dies in einem Übergangsquartier möglich ist. Gekocht wird gemeinsam, und in der Küche sieht es, so berichten es Mitarbeiter des Helferkreises, mitnichten aus wie in einer Männer-WG, sondern eher wie in einer Musterküche. Der Helferkreis hat den Ankömmlingen erste Hinweise und Hilfe mit einer Willkommenstasche gegeben: darin nicht nur Erdnüsse und ein Getränk, sondern auch so wichtige Dinge wie ein MVV-Plan - und ein Einkaufschip. Überhaupt das Einkaufen. Gar nicht so einfach, das Pfandsystem für Flaschen zu erklären; dass man mit dem Chip in der Tasche einen Einkaufswagen losmachen kann, ist auch nicht selbsterklärend. Und auch dass es nicht so gut ankommt, vor dem Supermarkt in einer größeren Gruppe Bier zu trinken, haben die Ankömmlinge schnell beherzigt.

Das größte Problem ist nach Aussage der Helfer der Umstand, dass die Asylbewerber zur Untätigkeit verdammt sind. Einige helfen am Bauhof mit, viele vertreiben sich die Zeit auf dem Sportplatz mit Fußball. Nicht minder wichtig sind die Sprachkenntnisse. 75 von 100 Asylbewerbern hatten sich in Feldafing zum Deutschunterricht angemeldet, zur ersten Stunde kamen dann 50. Jetzt soll der Unterricht in zwei Schichten, vor- und nachmittags, laufen. Manche sagen auf der Straße zu den Einheimischen auch jetzt schon nicht mehr "Hi" oder "Hello", sondern "Grüß Gott". Auch wenn es nicht immer original bayerisch klingt.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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