Gemeinhin sagt man ja, dass in Bayern die Politik am Biertisch gemacht wird. Nun, wer das nicht glaubt, der sah sich am Dienstagabend bei der Sitzung des Feldafinger Bauausschusses eines Besseren belehrt. Verwundert rieben sich die Besucher die Augen, denn nicht nur der große Ratstisch, um den sich die Gemeinderäte sonst gruppieren, war nicht mehr da. Auch die Besucherstühle waren weggeräumt worden. Stattdessen mussten die Gemeinderäte auf schnöden Bierbänken Platz nehmen und den knapp fünf Zentimeter dicken Stapel von Unterlagen auf den schmalen Biertischen durchblättern.
Ausgerechnet an diesem Abend waren die Zuschauerbänke wirklich dicht besetzt. Allerdings nicht nur von Feldafinger Bürgern, die sich um ihre Bauanträge sorgten. In großer Zahl war auch eine Abordnung von Kommunalpolitikern aus Tunesien da, die sich gerade bei einem Seminar bei der am Ort ansässigen "Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit" über das bayerische Baurecht informieren. Was passt da besser ins Konzept, als ein Praxisseminar mit den Gemeinderäten, deren Redebeiträge gleich simultan ins Französische übersetzt wurden?
Den ausländischen Gästen war anzusehen, dass sie sich gewundert haben, vor allem aber darüber, wo denn das Bier bleibt. Pech, denn statt Freibier gab es eine Erklärung von Bürgermeister Bernhard Sontheim. "Wir haben heute mal keine konzertante Bestuhlung", sagte er, womit er die gewohnte Sitzordnung in schön geometrisch angeordneten Stuhlreihen meinte. Die Biergarten-Garnituren habe der gemeindliche Bauhof schon am Dienstag in den Bürgersaal geräumt, im Vorgriff auf das Public Viewing am Mittwochabend, bei dem das Champions-League-Halbfinalspiel des FC Bayern gegen Atletico Madrid auf einer Großleinwand gezeigt wird. Da passt eine rustikale Möblierung natürlich viel besser als das doch vornehmere Sitzungsgestühl. Die Gemeinderäte nahmen die harten Holzbänke ohne Murren hin. Sitzfleisch haben sie ja, was sie schon oft bewiesen haben. Wichtige Dinge wurden am Biertisch übrigens nicht beschlossen. Bleibt nur noch die Frage, was "Ortsabrundungssatzung" auf Französisch heißt.