Mitten in Feldafing:Die Lizenz zum Gratulieren

Die Datenschutzverordnung bremst den Bürgermeister ein

Kolumne von Otto Fritscher

Es gehört ja zu den schönsten Pflichten eines Bürgermeisters, Jubilaren jeglichen fortgeschrittenen Alters zu gratulieren, oder auch mal die Glückwünsche der Gemeinde zur Geburt eines Kindes oder zur Hochzeit zu überbringen. Doch damit ist es in Feldafing schon eine ganze Weile vorbei, vergeblich warteten Hochzeiter und Geburtstagskinder in den vergangenen Monaten auf die Grüße von Bürgermeister Bernhard Sontheim. Den hatte nicht die Schreiblust verlassen, seinen Bürgern und damit potenziellen Wählern alles erdenklich Gute zu wünschen, gerne auch persönlich und nicht nur durch eine Glückwunschkarte. Was Sontheim hinderte, war die berüchtigte Datenschutz-Grundverordnung DSGVO. "Jetzt darf ich mir nicht mal mehr vom eigenen Einwohnermeldeamt die Daten geben lassen", schimpfte der Bürgermeister im Gemeinderat. Es gebe sicher kein Land in der EU außer Deutschland, in dem es mit dem Datenschutz so übertrieben werde: "Jetzt wird's langsam lächerlich."

Die Gemeinderäte staunten nicht schlecht, aber nur sie konnten Sontheim wieder zum Gratulanten ermächtigen: mit Hilfe der "Richtlinie über die Datennutzung durch den Ersten Bürgermeister", in der Sontheim das Recht zugestanden wird, Jubilaren allen Alters das Beste im Namen der Gemeinde zu wünschen. Der Beschluss fiel einstimmig aus, das Einwohnermeldeamt darf den Bürgermeister nun wieder mit Daten versorgen. Allerdings werden Abiturienten aus Feldafing künftig weiterhin auf einen Glückwunsch des Bürgermeister verzichten müssen. Denn ihre Daten sind ja in den Schulen gespeichert, und diese rücken - im Gegensatz zu den Vorjahren - keine Namen mehr heraus. Sehr zum Leidwesen von Sontheim, der die DSGVO mit Worten wie "irre, aufwendig und blödsinnig" kritisierte.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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