Mitten in Erling:Urlaub auf der Baustelle

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Wenn nichts mehr geht im Dorf, kann das durchaus auch seine Vorteile haben - sofern der Kühlschrank prall gefüllt ist und man nirgendwo hin muss

Von Astrid Becker

Sommerzeit ist etwas Wunderbares. Noch wunderbarer sind nur die Ferien. Aber am schönsten ist's, wenn Urlaubszeit mit der Baustellenzeit zusammenfällt. Was will man mehr als Einheimischer? So ruhig geht's sonst im Dorf nie zu: Keine Schlangen im Supermarkt, keine Fremdraser im Ort, nichts.

So einen Glücksfall haben gerade die Erlinger erlebt. Doch so recht genießen wollten sie es einfach nicht. Im Gegenteil: Geflucht haben sie, und das am Heiligen Berg. Schon wieder werde an der Ortsdurchfahrt gearbeitet, hieß es. Nach Starnberg komme man nicht richtig, Perchting sei gesperrt, Landstetten auch. Und auf der Umleitung über Traubing zur B 2 gehe auch nix. Unmöglich sowas, eine echte Zumutung. Es ist kein Vergnügen, bei sengender Hitze im Auto erst Riesenumwege zu fahren, um dann im Stau vor roten Ampeln zu stehen.

Aber, liebe Erlinger, war es wirklich so schlimm? Außer für die armen Menschen, die bei gefühlten 40 Grad Celsius Außentemperatur frischen Asphalt auf die Straße kippten? 160 Grad ist so eine Masse heiß. Eine echte Schinderei für die Bauarbeiter. Kein Wunder also, wenn sich deren Mitleid in Grenzen hielt und eher Neid wich. Denn für sie müssen die Temperaturen im Wagen wie Wellness im Gefrierschrank sein. Zudem hatte diese Straßensperrung etwas wirklich Gutes: Man kam nicht nur schwer in Richtung Starnberg, sondern von dort kam auch keiner nach Erling. Das sind doch wunderbare Zeiten für Einheimische, die ohnehin am liebsten unter sich sind. Dumm nur, dass der Spuk schon wieder vorüber ist - ausgerechnet zum Wochenende. Denn nicht nur Touristen und Urlauber, auch arbeitende Menschen suchen ihr Heil auf dem Land: Vom Starnberger See zum Ammersee, weil's da ja nicht so voll ist.

Erstens ist das ein Gerücht, zweitens kompletter Schmarrn, wie jeder weiß. Wenn sich also wieder Blechlawinen durch Erling quälen, bleibt nur eines: Das Haus nicht verlassen, sich auf die Terrasse zurückziehen und einen Ehekrach riskieren, weil's nichts zu trinken und zu essen gibt. Also, liebe Gilchinger und Herrschinger, ihr wisst jetzt, was ihr tun müsst: Eure Straßen sind die nächsten, die aufgerissen werden.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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