Mitten in der Straße:Lob des Kreisverkehrs

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Da geht es rundherum und lässt alle Möglichkeiten offen

Von Michael Berzl

Besonders schlimm ist es in der Nacht. Allein an der Kreuzung, kein Mensch weit und breit, kein Auto, kein Traktor, kein Lastwagen. Nichts. Aber in der Ampel leuchtet das rote Licht. Da steht man dann, betrachtet die Szenerie einer leeren Kreuzung im Mondschein - und kommt ins Grübeln.

Südlich der Alpen soll es Gegenden geben, in denen die Einheimischen ein rotes Signal weniger als Befehl, sondern eher als Vorschlag betrachten. Und in Teilen Berlins wird eine rote Fußgängerampel als Hinweis darauf gedeutet, vorm Überqueren der Fahrbahn nach links und rechts zu schauen, ob frei ist. Ganz abgesehen von den vielen lustigen Geschwindigkeitsmessgeräten mit Smiley-Gesicht und Tempoangabe, die gerne genutzt werden, um zu prüfen, wie genau der Tacho geht. Und hier jetzt diese rote Ampel: Sie maßregelt mit einer provozierenden Sturheit.

Wie nachgiebig und flexibel hingegen der Kreisverkehr ist. Hineinfahren und hinausfahren, wo man mag, und das Tag und Nacht. Anfangs mussten sich Autofahrer noch daran gewöhnen, wie Spurpaare mitten durchs Green bewiesen, als vor Jahren urplötzlich beim Kraillinger Gewerbegebiet zwei Kreisel auftauchten. Das hat sich gelegt. Zu kompliziert darf es auch nicht sein, wie die zweispurige Konzeption bei der Maxhof-Kaserne zeigte. Aber sonst - tadellos.

Da gibt es den "waldigen" mit Abfahrtsmöglichkeiten nach Königswiesen, Andechs oder Starnberg. Oder "sportliche" wie beim Gilchinger Gewerbegebiet Süd, wo die nahe gelegene Autobahn das Tempo vorgibt. Oder am Rand von Gauting sogar die Öko-Variante mit Wildkräutern drauf. Das ist Wahlfreiheit im Vier-Viertel-Takt; stets gibt es die Möglichkeit noch eine Runde zu drehen. Nur stehen bleiben sollte man halt nicht.

© SZ vom 08.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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