Mitten in der Region:Wunder der Technik

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Was eine Playstation und ein Wählscheiben-Telefon miteinander zu tun haben

Kolumne von Alexandra Leuthner

Neulich war es, als eine Mutter zweier halbwüchsiger Söhne versuchte, die Playstation in ihrem Wohnzimmer auszuschalten - Klimaziele erreichen, Stromsparen. Für alle zu früh Geborene: Playstation, kurz PS, ist so ein flaches Plastikding, das keine Knöpfe hat, lediglich einen umlaufenden Spalt. Wollte man früher etwas ausschalten, sagen wir, ein Transistorradio oder einen Kassettenrekorder, suchte und fand man einen Knopf oder Schalter oder ein Rädchen. Einmal drücken oder drehen: aus. So einfach war das.

Nun ist die PS natürlich viel mehr als ein Gerät. Sie ist Spielzeug, Tor in andere Welten, Kommunikationsmedium. Mit ihrer Hilfe kann man lebensechte Fußballspieler über den Bildschirm laufen und Comicfiguren die Welt retten lassen, sich eine Fake-Gitarre umhängen und so tun, als wäre man Teil von The Who - Entschuldigung: der Imagine Dragons. Die PS kann sicher auch Kontakt zu Außerirdischen aufnehmen. Nur einfach ausschalten lässt sie sich nicht.

Die Mutter holte also ihren Neunjährigen zu Hilfe. Und bekam ein leicht genervtes "Ach Mama" zu hören. Der Filius griff zielsicher nach der Fernbedienung - des Fernsehers! -, um die PS auszuschalten. Dann nahm er den Controller, schob flink einen Hebel nach oben, einen anderen nach unten, drückte ein Knöpfchen hier, eines da, während auf dem Fernsehbildschirm in scheinbar wilder Folge verschiedene Bedienungsoberflächen auftauchten und verschwanden. Dann war alles schwarz. "Schau, so einfach ist das!"

Kurz darauf tauchte ein altes Kinder-Telefon auf, versteckt unter einem Haufen von Kassetten und mindestens so alt wie der dazugehörige Rekorder. Das Telefon hat vorne ein Lachgesicht, blaue Plastikräder und einen echten Hörer, der an einem Kabel hängt. Nix zum Drüberstreichen, aber eine Wählscheibe, die bei jeder Umdrehung laut "rrrring" macht. Mit dem Spielzeug in der Hand stand der Filius in der Tür und fragte: "Mama, wie lang muss ich denn das Ding drehen? Wie weiß ich denn, welche Zahl es wählt? Und wo werden die Nummern gespeichert?!" Sie hörte noch tagelang das "Rrrring, rrrring, rrring" durchs Haus hallen. Sechsstellige Nummern von längst still gelegten Anschlüssen im Kopf vor sich her sagend und Zufriedenheit im Herzen. So einfach ist das.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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