Mitten in der Region:Im Takt des Alltags

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Wer vom Homeoffice aus auf die Straße schaut, bekommt das gute Gefühl, dass wenigstens das Leben draußen nach festen Regeln abläuft

Von JANA RICK

Nach mehr als einem Jahr im Home-Office findet man immer mehr Ratgeber darüber, wie die vielen Arbeitsstunden zuhause am besten und effizientesten gestaltet werden können. Dabei heißt es oft, man solle sich feste Zeiten und regelmäßige Routinen angewöhnen, "den Tag durchtakten". Das ist leicht umzusetzen, wenn man vom ersten Stock vom Schreibtisch aus auf die Straße schauen kann, wo alles gerade extrem zuverlässig getaktet abläuft.

Der Arbeitstag beginnt meist zwischen acht und neun Uhr: Da geht der etwa 40-jährige Mann aus dem weißen Haus schräg gegenüber mit seinen großen Mischlingshunden spazieren, alle drei ohne Leine. Das ist wirklich sehr beeindruckend, die Tiere halten jedes Mal ohne Kommando am Straßenrand. Zwischen zehn und elf Uhr geht es dann fast schon hektisch zu: Der Postbote kommt in diesem Zeitraum, wobei es eigentlich nicht nur einen gibt, sondern zwei: den mageren Großen und den jungen Blonden. Vom Schreibtisch aus kann man immer recht gut beobachten, was genau in den Briefkasten geworfen wird. Gleichzeitig kommt auch die Müllabfuhr zwischen zehn und elf Uhr. Gut gelaunt, mit routinierten Bewegungen und unüberhörbar. Das Highlight: der süße große Teddybär, der oben am Wagen festgeklemmt ist und wohl froh darüber ist, nicht im Müll gelandet zu sein. Elf Uhr: Die pensionierte Nachbarin wird von ihrer Freundin zum gemeinsamen Nordic-Walking abgeholt. Um Punkt zwölf Uhr gehen auch die zwei Bauarbeiter in Richtung Supermarkt, um sich dort mehrere Leberkässemmeln und Eistee zu kaufen und man weiß dann, dass man gleich selbst Mittagspause machen kann. Anschließend, gegen 14 Uhr, übt der Nachbar Klavier, zur Zeit häufig "River flows in you". Zwischendurch schlendern Kinder mit Maske und Beutel draußen vorbei, sie haben Flötenunterricht bei der Musiklehrerin unten in der Straße.

Übrigens, auch sehr praktisch: Wenn all diese Vorkommnisse einmal nicht wie üblich auftreten, dann weiß man, dass man mal wieder an einem Samstag am Schreibtisch sitzt und den Übergang ins Wochenende verpasst hat.

© SZ vom 25.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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