Mitten in der Region:Ente gut, alles gut

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Ein Blumenkasten bei der Feuerwehr dient als Brutplatz. Elf Küken werden dort ausgebrütet.

Kolumne von Florian J. Haamann

Eine gute Geschichte erregt immer dann mit einer gewissen Sicherheit die Aufmerksamkeit des potenziellen Lesers, wenn sie es schafft, mit dessen Erwartungen zu spielen, schnell Spannung aufzubauen und tief in ihm eine Emotion auszulösen. Was da todsicher hilft, sind Tiere - am besten natürlich, wenn sie auch noch süß sind. Ach was, mit dem richtigen Tier braucht es nicht einmal Spannung oder einen Plottwist. Nicht umsonst steht der Erfolg einer Plattform wie Youtube auf den samtenen und flauschigen Pfoten einer Unmenge banaler Katzen- und Hundevideos.

Süße Tiere also lassen das Herz selbst des größten Nachrichtenjunkies schmelzen. "Entschuldigen Sie, Sie kennen mich doch gar nicht", mögen Sie, geneigter Leser, an dieser Stelle vielleicht dem Autor entgegenrufen wollen. Sie persönlich freilich nicht, die simplen Muster Ihres Herzens schon. Doch trotz alledem gibt es im Journalismus eine goldene Tierregel, eine mantraartige "Warnung vor dem Hunde": "Hund beißt Postbote" ist langweilig, weil nicht gänzlich ungewöhnlich und deshalb keine Nachricht. "Postbote beißt Hund" dagegen ist ein Glückstreffer, der jeden Redakteur vom Stuhl aufschrecken lässt. Quasi der nette Onkel von "Hund beißt Postbote" ist die beliebte Meldung "Feuerwehr rettet Katze von Baum".

"Neue Tier-Feuerwehr-Geschichten braucht das Journalistenland" möchte man deshalb den Wehren entgegenrufen. Und siehe da, es sind die Puchheimer Floriansjünger, die just dieses Flehen erhören. Denn auf der dortigen Wache rettet man keine Tiere, man bringt sie quasi auf die Welt! Bereits in den beiden vergangenen Jahren hat im vierten Stock des Gerätehauses eine von den Feuerwehrlern liebevoll Henriette getaufte Ente in einem Blumenkasten ihre Jungen ausgebrütet. In diesem Jahr aber - Achtung, Spannung - drohte der putzig-flauschigen Familie die Obdachlosigkeit, nachdem im vergangenen Jahr bei der Renovierung der Fassade alle Blumenkästen entfernt worden sind. Ein namentlich im entsprechenden Facebookpost der FFW Puchheim nicht genannter Kollege fasste sich daraufhin ein Herz und montierte kurzerhand einen neuen Blumenkasten als Entenherberge - und Henriette dankte es ihm postwendend. Nicht einfach, indem sie "nur" wieder zurückgekehrt ist. Nein, ganz so, als wolle sie ihre Dankbarkeit ausdrücken, hat sie eine Rekordzahl von elf Küken ausgebrütet. Süß, oder?

© SZ vom 25.04.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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