Mitten in:Der Buzzer am Ratstisch

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Das Gautinger Rathaus hat eine tolle Mikrofonanlage. Das ist schön. Leider funktioniert sie nicht so recht

Von Michael Berzl

Im Rate- und Casting-Fernsehen gibt es den Buzzer. Das ist ein großer roter Knopf, auf den der Kandidat oder ehemalige Freund eines Promi-Friseurs entschlossen draufdrischt, wenn er etwas weiß oder wenn ihm etwas gefällt. Die Welt steht dann still. Und die Claqueure im Studio und die Millionen an den Bildschirmen zu Hause harren gebannt der Antwort. Sie hängen an den Lippen des Mannes, der die Macht des roten Knopfes ausspielt.

Im Sitzungssaal des Gautinger Rathauses gibt es auch einen roten Knopf und rote Lämpchen. Viele sogar, die wichtige Bestandteile der Mikrofonanlage am großen Ratstisch sind. Die Knöpfe sind nicht groß und rund, sondern klein und viereckig und taugen nix. Unabhängig davon, ob sie etwas wissen, drücken die Gemeinderäte da drauf, einmal, mehrmals, nochmals und geben dann meist auf. So sicher wie früher beim Metzger die Frage, ob's ein bisserl mehr sein darf, kommt dann resigniert der Satz: "Geht es auch so? Ich kann ja lauter reden".

Bei dem Ablauf gibt es auch Varianten, zum Beispiel wenn die Grünen gönnerhaft dem Kollegen von der CSU ihr Mikrofonkasterl rüberschieben, dabei aber eine Steckverbindung auseinanderreißen, so dass auf einer Seite des Ratstisches gar nichts mehr geht. Oder wenn die Bürgermeisterin noch mitmischt, die eine Art Ober-Knopf mit mehr Macht als die Fraktionsknöpfe hat. Gelegentlich erweitern auch Gäste das Szenario um eine optische Komponente. Es kam schon vor, dass ein Referent mit Blick auf die Worte "no signal" auf der Beamer-Leinwand erklärt hat, was dort jetzt eigentlich zu sehen wäre.

Diese Technik ist halt noch Neuland in Gauting. Irgendwann wird aber doch völlig überraschend auf Knopfdruck das Mikrofon angehen, und der Kandidat am Ratstisch wird dann so überrascht sein, dass er einfach den Publikumsjoker nimmt und schweigt.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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