Mitten in Bernried:Der Brunnen - ein Trauerspiel

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Ein Mann will für Erfrischung sorgen - und erlebt sein blaues Wunder

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Er hatte es nur auf Erfrischung abgesehen. Weil an seinem Anwesen neben dem Bernrieder Park viele Radler und Spaziergänger vorbeikommen, dachte sich ein Bürger, die Leute wären sicher froh, wenn sie sich an einem Brunnen erquicken könnten. Und er machte sich ans Werk. Er trennte einen Teil seines Grundstücks ab und errichtete einen Steinbrunnen, der vom Reitweg aus zu erreichen ist. Der Bernrieder hatte aber nicht mit den deutschen Ämtern gerechnet: Aus einer Einrichtung, wie sie in Nachbarländern selbstverständlich ist, wurde im schönsten Dorf Deutschlands ein Ärgernis.

Denn in diesem Fall gibt es einen Bebauungsplan für den Bereich. Und der schreibt vor: Ein Brunnen darf nur dann verfahrensfrei errichtet werden, wenn er in einem Baufenster steht. Was bei dem Standort am Ende des Gartens nicht der Fall war. Weil der Brunnen schon fertig war und ihn die Bürger im Übrigen auch dankbar annahmen, versuchte der Bernrieder, das Problem im nachhinein zu lösen und stellte einen Antrag bei der Gemeinde. Und nun wurde es richtig kompliziert: Als Nachbar erhob die Stiftung Bernrieder Park Einspruch, weil der Brunnen den Park als Denkmal gefährde. Die Gemeinde holte daraufhin ein Gutachten von der Denkmalschutzbehörde ein. Diese hatte zwar keine Einwände, aber jetzt ärgerten sich einige Gemeinderäte. Sie fühlten sich übergangen, weil der Mann den Verfahrensweg nicht eingehalten hatte. Das nächste Problem: Der Bernrieder bot öffentlich Trinkwasser an. Sollte jemand nach dem Genuss erkranken, könnte der Brunnenbauer haftbar gemacht werden, hieß es. Der Bernrieder strich also das Trinkwasser-Schild an der Quelle durch. Jetzt trauten sich die Radler aber nicht mehr, ihre Wasserflaschen aufzufüllen.

Wie das Trauerspiel endete? Der Gemeinderat genehmigte den Brunnen mehr oder minder, entschied aber, dass das Trinkwasser-Schild ganz entfernt werden soll. Wenn jetzt jemand nach dem Trinken Bauchweh bekommt, ist er selber schuld.

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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