Mitten in Berg:Italienische Verhältnisse

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Wenn in den Ferien im fremden Land ein Medikament ausgeht, wird es eng. Die Frage ist nur: Warum immer in den Ferien und warum immer in dem fremden Land?

Von Ute Pröttel

Kein Allergietest hat bisher herausgefunden, auf welche italienische Pflanze oder Stein oder was auch immer die Tochter allergisch ist. Hausstaub lautet die alles erschlagende Diagnose. Könnte durchaus auch sein, denn bereits die Anfahrt zum italienischen Ferienziel überzieht das schwarze Auto mit einer cappuccinofarbenen Staubschicht. Und Fakt ist: Zweimal im Jahr ringt das Kind mit Atemnot, und das immer im italienischen Ferienhaus. Erleichterung schafft ein Asthmaspray. Doch wehe, wenn es nicht im Gepäck ist. Oder ausgeht, was natürlich nur in den Ferien geschieht.

Und so kommt es durchaus vor, dass Mutter und Tochter mit dem kleinen Spender in einer Farmacia im Latium stehen und Ersatz benötigen. Zuletzt war das aber gar nicht mehr so einfach. Liegt's am Kind, das größer wird, oder an den schärferen Bestimmungen? Im Zweifel ist immer Europa schuld.

Ein Rezept benötige die Apothekerin. Aber woher holen an einem Wochenende vor Ostern oder Ferragosto. Der befreundete italienische Arzt weilt dann mit Vorliebe in Berlin, da könne man so klasse Fahrrad fahren und alle anderen sind in Ferien. Beim letzten Mal gab die italienische Apothekerin auf, nachdem sich hinter Mutter und Tochter eine Schlange gebildet hatte, die bereits zur Tür hinausragte, und die beiden beredt bis verzweifelt klar gemacht hatten, dass sie den kleinen Laden nicht ohne besagtes Spray verlassen würden. Der pubertierenden Tochter war's peinlich.

Doch mit dem Spray schläft die ganze Familie einfach besser! Mittlerweile denkt die Tochter selber an ihr Spray. Im vergangenen Jahr zwar erst zwei Tage vor Abfahrt - und dann wollte plötzlich die Kinderärztin sie doch noch sehen und abhören. Aber auch das war am vorletzten Schultag noch hinzubekommen. Dieses Jahr ging das Wunderspray vier Tage vor Ferienende aus. Eingedenk der Szenen in der italienischen Apotheke, beschloss die 17-Jährige: Ich schaff' das bis zu Hause.

Doch hier herrschen mittlerweile ebenfalls italienische Verhältnisse: Die Kinderärztin und der Hausarzt sind im Urlaub. Die Apothekerin schüttelt den Kopf - ohne Rezept kein Spray. Das Inhalieren mit Eukalyptustropfen bringt nicht die gewünschte Erleichterung, und von alleine macht die Lunge sowieso nicht mehr auf. Eine Fachärztin in Pullach stellt das Rezept schließlich aus. Doch die Abholung scheitert an der Vollsperrung der B 11 in Hohenschäftlarn. Bereits in Irschenhausen gibt es eine Umleitung über Icking, immerhin, sie führt noch auf die Bundesstraße. In Hohenschäftlarn wird man über Schäftlarn und Wangen Richtung München geleitet! Vielleicht wäre es doch entspannter gewesen, die Schlange in der italienischen Farmacia zu provozieren.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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