Mitten in Andechs:Roboter in Nachbars Garten

Die Zukunft hält Einzug im Fünfseenland - ob dies allerdings erfreulich ist, ist die Frage

Von Klaus Schieder

Das Rasenmähen ist eine dieser leidigen Angelegenheiten, die man gerne von morgen auf übermorgen verschiebt. Aber das geht schlecht in diesem Mai, der Regen auf Sonne auf Regen folgen und das Gras sprießen lässt, wie es kein Spezialdünger aus dem Baumarkt vermag. Also knattert der Gartenbesitzer wieder stundenlang auf seinem Fleckchen Grün herum und bringt die Nerven seiner Nachbarn zum Vibrieren. Aber das ist Vergangenheit. Unser Nachbar in Andechs hat uns dieser Tage vorgeführt, wie die Zukunft aussieht: Er ließ einen Rasenmäherroboter durch sein Vorgärtchen fahren. Das staubsaugerähnliche Gerät tuckerte wie von Geisterhand exakt über vorgegebene Bahnen, drehte sich millimetergenau um die paar Büsche und ignorierte brav das Rosenbeet. Solche Akkuratesse hat etwas Unheimliches für jemanden, der noch im Zeitalter der Sense aufgewachsen ist und sicher einige Kardinalfehler beim Roboter-Programmieren beginge. Vermutlich würden wir ihn so einstellen, dass er Rosen kappt und sich auf den Gehweg begibt, um Senioren oder Frauen mit Kinderwagen zu verfolgen.

Lustig ist das nicht, denn Roboter sind nicht bloß im Gärtchen auf dem Vormarsch. Sie sortieren schon Waren in Lagerhallen, ersetzen Krankenschwestern, übernehmen das Lenkrad in Autos und schreiben Zeitungsartikel. Als im März 2014 die Erde in Kalifornien bebte, verfasste ein Software-Programm namens Quakebot die erste Meldung für die Los Angeles Times. Weil Roboterjournalisten weniger kosten, grenzenlos belastbar sind und nicht mit eigener Meinung nerven, dürfte es nicht mehr lange dauern, bis sich unsereiner ausschließlich dem Grasschneiden widmen kann. Falls es bis dahin noch Handrasenmäher gibt.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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